06.11.2017 22:53:56
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Börsen-Zeitung: Im Übernahmerausch, Kommentar zur Chipindustrie von Stefan Kroneck
Der Jubel an den Börsen ist verfrüht. Der beabsichtigte Erwerb steht vor vielen Hürden. Dass die Qualcomm-Führung die Avancen ablehnt, liegt auf der Hand. Der Firma mit Sitz im kalifornischen San Diego passt es überhaupt nicht, wenn ihr Broadcom mitten in der heißen Phase des Erwerbs von NXP in die Parade fährt. Für viele Anleger ist das aber nur ein Teilaspekt. Für sie zählt vor allem, dass sich ein Übernahmepoker anbahnt, der die Kurse treibt.
Angesichts der überschwänglichen Kursfantasien stellt sich aber die Frage, wie gut die Chancen von Broadcom tatsächlich stehen, ihren Plan umzusetzen. Im weltweiten Ringen um die Vorherrschaft im wachsenden Geschäft mit Halbleiterkomponenten dürfte die Trump-Administration kaum begeistert sein, wenn Asiaten ein amerikanisches Aushängeschild der Branche schlucken wollen. Wie empfindlich Washington auf Versuche dieser Art aus dem Ausland reagieren kann, spürte im Februar Infineon, als der geplante Erwerb des US-Spezialisten Wolfspeed am Veto der Regierung scheiterte. Broadcom wappnet sich für ein solches Szenario. So ist es kein Zufall, dass der aus der Übernahme des gleichnamigen Vorgängers aus Kalifornien durch Avago aus Singapur 2015 hervorgegangene Konzern jüngst ankündigte, sich wieder in ein Unternehmen nach US-Recht wandeln zu wollen.
Während die Infineon-Führung darüber grübelt, wie sie ihre Schlappe wegstecken kann, schaffen die Branchenriesen dank ihrer Größenvorteile neue Fakten. Sollte der Coup von Broadcom gelingen, stünde die viel kleinere deutsche Adresse mehr denn je unter Zugzwang. Denn mit NXP bekäme der neue Riese Zugriff auf das Automotive-Geschäft der Holländer, die mit Infineon konkurrieren. Ein hochprofitabler Nischenanbieter in diesem Wachstumssegment weckt aber automatisch Begehrlichkeiten bei anderen. Angesichts voller Firmenkassen und billigen Geldes ist die auf 28 Mrd. Euro gestiegene Marktkapitalisierung von Infineon kein unüberwindbares Hindernis zur Abschreckung von Konkurrenten.
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