14.12.2018 22:33:42
|
Börsen-Zeitung: Geteilte Welt, Marktkommentar von Dietegen Müller
Der Markt selbst preist aber in den Zinsterminkontrakten höchstens eine Zinserhöhung ein. Denn der Fiskalstimulus der US-Regierung läuft langsam aus, und die Konjunkturrisiken auch in den USA wachsen. Im Gegenzug nehmen die Schulden des Landes durch die ausschweifende Fiskalpolitik zu. Es wird sich 2019 zeigen, ob am Markt dafür die nötige Nachfrage vorhanden ist - und ob die Nachfrage dann höhere Zinsen verlangt oder ob aus einem Anlagenotstand heraus wegen eines sehr volatilen Marktumfelds die Renditen der US-Staatspapiere stabil bleiben oder sogar wieder fallen.
In beinahe allen Jahresausblicken werden politische und konjunkturelle Risiken als bestimmende Faktoren für die Märkte angeführt, dies ist sozusagen der Persilschein für eigene Prognoseunfähigkeit. Auch gibt es hie und da Kritik an der Kommunikationspolitik der US-Notenbank: Sie sei unter Jerome Powell "volatiler" geworden.
Der zur Allianz gehörende Anleihemanager Pimco geht von einem US-Rezessionsrisiko von 30 Prozent für die nächsten zwölf Monate aus, sieht aber keine Überhitzung auf dem Arbeits- und Gütermarkt. Ein internes Modell von Pimco kommt zu dem Schluss, dass der US-Aufschwung etwa seine Mitte erreicht habe - allerdings habe dieses Modell vor einem Jahr den Aufschwung auch schon als spätzyklisch mit einem gewissen Rezessionsrisiko angezeigt. 2019 dürfte es, folgert Pimco, keine Rezession geben, wohl aber eine Wachstumsverlangsamung und eine Annäherung an die Wachstumsraten im Rest der Welt. Der US-Leitzins dürfte ein oder zwei Mal angehoben werden, im ersten Halbjahr gebe es aber wohl eine Pause, da die Finanzierungsbedingungen auch durch den Fed-Bilanzabbau gestrafft würden.
Entsprechend rät Pimco zu inflationsgeschützten Papieren (TIPS) und qualitativ höherwertigen Bonds, hält sich aber von Unternehmensanleihen fern. Credits hätten sich in der Bewertung ihrem Mittelwert angenähert, seien aber nicht günstig. Es bestehe die Gefahr, dass straffere Finanzierungskonditionen sowie schwächeres Wachstum zugrundeliegende Verschuldungsprobleme offenlegten. Aktienseitig bevorzugt der Anleihespezialist großkapitalisierte US-Blue-Chips als defensive Anlage. Der Handelskrieg zwischen den USA und China werde zwar nicht gelöst, dürfte aber nicht eskalieren.
In Europa ist die Situation aber eine andere. Das Argument politischer Risiken ist untrennbar mit dem ganzen Kontinent verknüpft, sei es über den Handelskrieg, der Europa mehr als die USA treffen würde, sei es mit dem unkalkulierbaren Brexit-Prozess, der Entwicklung in Italien oder den Spannungen in Frankreich. Dies halte Investoren aus Übersee ab, in europäische Aktien zu investieren, heißt es verschiedentlich.
Demgegenüber können sich sichere Häfen wie etwa Bundesanleihen nicht über mangelnde Nachfrage beklagen. Deutschland könnte wesentlich mehr Geld zu günstigen Konditionen aufnehmen, als es die Haushaltsplanung vorsieht. Zugleich hat die Europäische Zentralbank aber kaum Spielraum, Gegensteuer zu geben, sollte sich die konjunkturelle Abschwächung beschleunigen. Ob dann wie erhofft die europäischen Regierungen mit stimulierenden Fiskalmaßnahmen oder Investitionsprogrammen in die Lücke springen?
In Summe spricht dies nicht nur zinspolitisch für eine weiter zweigeteilte Welt. US-Assets könnten sich, solange es nicht zu einer Ausbreitung des Stresses im US-Kreditmarkt und einer handelspolitischen Eskalation kommt, auch weiterhin vergleichsweise ordentlich halten.
OTS: Börsen-Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/30377 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt: Börsen-Zeitung Redaktion
Telefon: 069--2732-0 www.boersen-zeitung.de
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!