03.11.2017 22:37:56
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Börsen-Zeitung: Der Dax hebt ab, Marktkommentar von Christopher Kalbhenn
In allen drei Zeitzonen haben führende Indizes Rekordhöhen erreicht, der japanische Nikkei ist auf den höchsten Stand seit dem Jahr 1996 gestiegen. Getrieben wird die Hausse von robusten Konjunkturdaten und Unternehmensgewinnen. Das zieht Investoren gerade in einem Umfeld niedriger Zinsen und dadurch mangelnder Anlagealternativen an. Zudem erhöht sich mit zunehmenden Kursgewinnen auch der Performance-Druck auf Anleger, die sich bislang an den Aktienmärkten zurückgehalten haben.
Vielfältige weitere Impulse kommen hinzu. So ist die Trump-Fantasie zurück, seit der US-Präsident die Steuerreformpläne vorantreibt. Die Europäische Zentralbank hat deutlich gemacht, dass ihre Geldpolitik auch nach der Senkung ihrer monatlichen Anleihekaufvolumina noch lange ultraexpansiv bleibt. In Japan besteht seit dem Wahlsieg von Premierminister Abe die Gewissheit, dass seine Konjunkturimpulse setzende, "Abenomics" genannte Wirtschaftspolitik fortgesetzt wird. In Indien sprang der Hauptindex auf ein Rekordhoch, nachdem staatliche Banken rekapitalisiert worden waren und die Regierung ein umfangreiches Infrastrukturinvestitionsprogramm angekündigt hatte.
Die Börsen-Rally hat sich nicht nur verstärkt. Sie wird auch zunehmend synchron. Unter anderem hat der Aufschwung nun auch den lange Zeit unter dem stärkeren Euro leidenden Dax erfasst. Der Index, der sich im Oktober wochenlang schwergetan hatte, die Schwelle von 13.000 Zählern zu überwinden, hat mit der Marke von 13.500 Punkten kurzen Prozess gemacht. Am Freitag erreichte er ein Rekordhoch von 13.505 Zählern. Seine Gewinne seit Jahresanfang summieren sich auf 17,4 Prozent.
Der Index könnte durchaus seine prächtige Bilanz, was die Performance im vierten Quartal trifft ausbauen. Seit 1988 hat er nur dreimal in den letzten drei Monaten Jahre schwach tendiert. Im Durchschnitt hat der Index in den drei letzten Monaten um 8 Prozent zugelegt. Im laufenden Schlussquartal konnten Dax-Investoren bislang einen Ertrag von 5,1 Prozent einfahren.
Allerdings gibt es einen Haken. Bis zum Sommer konnte angesichts der eher gemächlichen Gangart der Aufwärtsbewegung und der durchaus nicht euphorischen Stimmungslage für Aktien auch ins Feld geführt werden, dass es kaum Anzeichen eines bedenklichen und auf Rückschlagrisiken hindeutenden Überschwangs gebe. Das könnte sich nun ändern, vor allem, wenn die Aktienmärkte in den nächsten Wochen mit dem gleichen Tempo zulegen würden.
Zudem gehen, was die Bewertungen betrifft, zunehmend Warnlampen an. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des Dax auf Basis der Konsensgewinnschätzungen für das Jahr 2017 hat nun die Marke von 15 erreicht und liegt damit deutlich über seinem Zehnjahresdurchschnitt. Zu Jahresbeginn lag es noch bei 13,4, was anzeigt, dass trotz der positiven Gewinndynamik die Kurse immer noch stärker steigen als die Unternehmensgewinne. Das KGV für das Jahr 2018 hat sich seit dem Jahresauftakt von 12,3 auf nahezu 14 erhöht.
Damit kann jedoch nicht mehr konstatiert werden als eine erhöhte Anfälligkeit für negative Überraschungen. Das deutlich aufgehellte Konjunktur- und Profitabilitätsbild ist nun in den Kursen berücksichtigt. Allein das wird aber nicht zwangsläufig einen Marsch des Dax auf die Schwelle von 14.000 verhindern. Schon gar nicht ist unter den gegenwärtigen Vorzeichen eine heftige Korrektur in absehbarer Zeit unausweichlich.
Der Aktienmarkt ist nach wie vor meilenweit von einem Zustand der auch die Massen erfassenden Euphorie wie zur Jahrtausendwende entfernt. Das Gleiche gilt für die Bewertungen - und zwar auch in der Internet- bzw. Technologiebranche. Die sogenannten FAANG-Aktien - dahinter verbergen sich Facebook, Apple, Amazon, Netflix, Alphabet (Google) - sind zwar extrem hoch bewertet. Im Gegensatz zu vielen während der Dotcom-Blase gehypten Titel haben sie funktionierende Geschäftsmodelle uns sprudelnde Einnahmen.
Dennoch wird es - gerade unter dem Aspekt langfristig erwartbarer Anlageerträge - Zeit, Aktien kritischer zu betrachten, als dies noch vor einem Jahr der Fall war. Eine Bewertungskennzahl befindet sich im Übrigen bereits auf Dotcom-Blasen-Niveau, wie die Helaba am Freitag in ihrem Ausblick anmerkte. Das Kurs-Cash-flow-Verhältnis des deutschen Aktienmarkts hat mit 8,4 den Spitzenwert aus dem Jahr 2000 erreicht.
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