27.11.2009 14:48:11

BÖRSEN-AUSBLICK/Weiter schwach - "Dubai" nagt am Börsen-Fundament

   FRANKFURT (Dow Jones)--Die Schwäche von Deutschlands Aktienmärkten dürfte sich auch kommende Woche fortsetzen. Die Kreditprobleme des Golfstaates Dubai haben für einen Wechsel in der Risikowahrnehmung der Marktteilnehmer gesorgt. Die lange vernachlässigte Angst vor Domino-Effekten vom Schuldenausfall bis hin zur Bankbilanz ist wieder ins Bewusstsein gerückt. Und ohne stützende Unternehmenszahlen einer Berichtssaison wiegen schlechte Nachrichten von der Makro-Front um so schwerer.

   Fatal daran ist, dass das konkrete Problem von Dubai nur ein Kleines ist. Aber die Wahrnehmung von Risiko findet allein auf Investorenseite statt. Selbst zuversichtliche Aussagen von Unternehmen und Staaten nutzen dann nichts, die Kursfindung ihrer Aktien, Anleihen und Rohstoffe liegt nicht in ihrer Hand. Ist das Misstrauen der Investoren erst einmal geweckt, werden alle Anlage mit einem Risikoabschlag bewertet. Und die Position in kreditfinanzierten Anlagen in sämtlichen Vermögensklassen reduziert.

   Deutlich zeigt sich die neue Angst vor Risiko an der Schwäche der Carry-Trades. Die mit nahezu kostenlosen Dollar-Krediten finanzierten Anlagen in Euro-Aktien waren ein wichtiger Kurstreiber an den Märkten. Währungen wie australischer, neuseeländischer und US-Dollar zeigen bereits erste Erholungszeichen, der Euro also umgekehrt Schwäche. Sollten diese klassischen "Funding Currencies", Währungen in denen gerne Kredit aufgenommen werden, weiter steigen, wäre auch die Erholung der Aktienmärkte dahin, heißt es von Analysten. Eine Stärkung dieser Währungen würde automatisch zur Rückführung von Krediten führen und damit zum Ausstieg aus Aktien. Besonders unter Druck gerieten dann Konjunkturzykliker wie Auto- und Chemiewerte, sowie die beliebten Rohstofftitel. Selbst Gold und andere Commodities wären dann kein "sicherer Hafen". Hier ist der Anteil von kreditierten Käufen viel zu hoch.

   Mit "Dubai ist Island" beschrieb ein Händler treffend, für welchen Schock der Wüstenstaat an den Börsen gesorgt hatte. "Dubai" greift das Fundament der Kursfindung an den Börsen an - die Bewertungsmodelle. Wenn etwas als "sicher" bewertet wurde und plötzlich als "unsicher" erweist, sinkt automatisch der Wert dieser Anlage. Dass jetzt auf einmal ein Staatsfonds, bzw Staat, als "unsicher" gepreist werden muss, erzwingt eine komplette Neubewertung aller Risiko-Parameter. Anleger aus den Golfstaaten und Staatsfonds im Allgemeinen waren in den vergangenen Krisenjahren immer als Retter und Finanzierer aufgetreten. "Keiner hatte aber auf dem Radar, dass die Retter vielleicht selber mal Rettung benötigen", so der Analyst weiter.

   Direkt ablesbare Folgen des Zwangs zur Neubewertung waren der Ausverkauf an den Aktienmärkten und der Sprung der Optionsvolatilitäten. Das Risikoparameter der deutschen Aktien, der VDAX, sprang um rund 20%. Schwieriger zu verfolgen ist dagegen die schleichende Ausbreitung und Ansteckung über Länder und Assetklassen. Nach Einschätzung von Jim Reid von der Deutschen Bank machen die Entwicklungen um Dubai die noch immer vorhandenen hohen systemischen "Tail Risks" deutlich. Angesichts der Schwere der Krise bleibe die Wahrscheinlichkeit weiterer Krisen auf Länderebene hoch. "Tail Risk" ist dabei eine nette Umschreibung aus der Börsentheorie, die heftige Kurseinbrüche beschreibt.

   "Die Angst vor fallenden Dominosteinen breitet sich in den letzten Winkel aus", ergänzte ein weiterer Kredit-Analyst. Habe ein Land wie Dubai Probleme, stiegen auch die Kreditversicherungen ähnlicher Länder. Damit erhöhten sich ihre Finanzierungskosten, bzw ihr finanzieller Spielraum sinke. Dies bringe zum einen ihre direkten Gläubiger unter Druck und wirke sich auch im Risikoaufschlag für andere Schwellenländer aus. Probleme in den baltischen Staaten oder Osteuropa würden über dann beispielsweise über schwedische oder österreichische und Schweizer Banken direkt nach Kerneuropa transportiert. Der Kurseinbruch in Griechenland noch vor der Dubai-Krise zeige, wie schnell die Zweifel vor Refinanzierbarkeit von Staatshaushalten selbst in Europa wachse.

   Neben diesen langfristigen Belastungen werden sich Anleger in der kommenden Woche auch mit kurzfristigen Problemen befassen müssen. So blicken Händler mit Sorge auf das beginnende Weihnachtsgeschäft in den USA. Als traditioneller Start wird der Tag nach dem "Thanksgiving"-Feiertag gesehen. Die neue Sparneigung der US-Verbraucher dürfte aber für keine Wachstumsimpulse sorgen. Enttäuschungen sind hier vorprogrammiert.

   Ebenso dürften die Konjunkturaussichten viel zu positiv sein. "Mit einem selbsttragenden Aufschwung, kräftig steigenden Ausrüstungsinvestitionen und deutlich steigender Beschäftigung rechnen wir nicht", sagte Holger Fahrinkrug, Chef-Volkswirt der WestLB dazu. Die Aktienmärkte seien schon weit vorausgeeilt.

   Und zu allem Überfluss ist auch das Sentiment an den Aktienmärkten zu bullish geworden. Die Analysten von Cognitrend warnen, dass über 60% der Marktteilnehmer Bullen geworden sind und nur noch 23% Bären. Frisches Geld von konvertierten Bullen fließt den Märkten dann auch nicht mehr zu.

   Bei den Terminen der kommenden Woche dominieren die US-Daten. Vor allem der monatliche Arbeitsmarktbericht am Freitag steht im Fokus. Daneben werden der Einkaufsmanager-Index aus Chicago (Montag), diverse Bau-Indikatoren für Oktober und Kfz-Absätze (Dienstag), das Beige Book der Fed (Mittwoch) sowie die wichtigen ISM-Indizes (Dienstag und Donnerstag) veröffentlicht. In Deutschland vermeldet der Maschinenbau-Verband VDMA am Dienstag seine Auftragseingänge. Am Donnerstag veröffentlichen Siemens ihr Jahresergebnis, VW hält eine außerordentliche HV zur Kapitalerhöhung ab. Zudem wird die Europäische Zentralbank am Donnerstag das Ergebnis ihrer Sitzung bekannt geben.

-Von Michael Otto Denzin, Dow Jones Newswires; +49 (0)69-29725 218; michael.denzin@dowjones.com DJG/mod/jej/ros Besuchen Sie auch unsere Webseite http://www.dowjones.de (END) Dow Jones Newswires

   November 27, 2009 08:15 ET (13:15 GMT)

   Copyright (c) 2009 Dow Jones & Company, Inc.- - 08 15 AM EST 11-27-09

JETZT DEVISEN-CFDS MIT BIS ZU HEBEL 30 HANDELN
Handeln Sie Devisen-CFDs mit kleinen Spreads. Mit nur 100 € können Sie mit der Wirkung von 3.000 Euro Kapital handeln.
82% der Kleinanlegerkonten verlieren Geld beim CFD-Handel mit diesem Anbieter. Sie sollten überlegen, ob Sie es sich leisten können, das hohe Risiko einzugehen, Ihr Geld zu verlieren.
Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!

Indizes in diesem Artikel

Dow Jones 44 910,65 0,42%