22.05.2015 15:34:40
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Börse Frankfurt-News: Weiter wie auf hoher See (Anleihen)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 22. Mai 2015. Zwar haben Aussagen der EZB die Korrektur am Rentenmarkt vorerst gestoppt, zehnjährige Bundesanleihen bleiben nach Meinung von Analysten aber anfällig für hohe Schwankungen.
Es bleibt stürmisch am Rentenmarkt. Nach der EZB-Ankündigung am vergangenen Dienstag, einen Teil ihrer Anleihen-Käufe ferienbedingt von August auf Mai und Juni vorzuziehen, ging es mit dem Euro-Bund-Future sprunghaft von 153,41 auf 154,57 Prozent nach oben. Gleichzeitig verlor die Gemeinschaftswährung gegenüber dem US-Dollar deutlich an Wert. Am Freitagmorgen kratzt das hiesige Rentenbarometer wieder an der Marke von 154 Prozent. Das entspricht einer Rendite von 0,62 Prozent.
"Die Währungshüter begründeten die Maßnahme mit turnusmäßig zurückgehender Liquidität während der Sommerpause", beschreibt Sabine Tillmann von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Dass EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré bereits am Montagabend im geschlossenen Kreis vor Hedgefonds und Investmentbanken in London Details zu Änderungen im Anleihen-Kaufprogramm genannt hat, ist für Arthur Brunner von der ICF Bank nur schwer verdaulich. Immerhin handele es sich um Informationen mit erheblicher Kursrelevanz, auf die eine nur kleine Schar von Marktteilnehmern mit zeitlichem Vorsprung habe reagieren können.
Noch keine Zinswende
Für Klaus Stopp war die plötzliche Abwärtsbewegung am deutschen Rentenmarkt ein Vorgeschmack dessen, was uns auch in Zukunft blühen könnte. Eine echte Rückkehr zu alten Zinsniveaus erwartet der Rentenexperte der Baader Bank aber kaum. "Dennoch sind Ausschläge wie in der ersten Maihälfte immer wieder möglich." Grundsätzlich schließt Stopp eine Korrektur des Euro-Bund-Future bis 140 Prozent nicht aus. Gegenüber einer Mitte April erreichten Rendite für zehnjährige Bunds von 0,05 Prozent wäre dies aus Sicht des Händlers aber eine gigantische Verwerfung, die vermutlich von zusätzlichen äußeren Einflüsse ausgelöst würde.
Sorgen hinsichtlich der Rückzahlung deutscher Bundesanleihen sind nach Auffassung von Stopp zu diesem Zeitpunkt unbegründet. Allerdings hätten hiesige Staatsanleihen durch die Kursschwankungen ihren Status als kalkulierbare Anlage vorerst verloren. Konkrete Auswirkungen im Handel haben die jüngsten Entwicklungen im Markt nach Beobachtung von Tillmann bislang noch nicht. "Weder werden Bundesanleihen gemieden, noch engagieren sich Anleger stärker in Staatsanleihen anderer Euroländer."
Der Mittelstand profitiert
Bonds mittelgroßer Unternehmen finden laut Brunner auch in dieser Woche viel Anklang. Die mit jährlich 6,5 Prozent verzinste und bis 2020 laufende Wandelanleihe der SeniVita Social Estate (WKN A13SHL) hat ihren Aufwärtstrend bestätigt und notiert mit 101,60 Prozent leicht über der Vorwoche. Nach wie vor reges Interesse verbucht die ICF Bank für einen Wert von Katjes International (WKN A161F9). "Das ebenfalls 2020 fällige Produkt mit einem Kupon von 5,5 Prozent wird mittlerweile zu 104,60 Prozent gehandelt."
Hoffnungen für MS Deutschland verfrüht
Nach dem Verkauf der MS Deutschland in dieser Woche ist die Anleihe des Unternehmens (WKN A1RE7V) Gregor Daniel zufolge zunächst fast nur gekauft worden. "Meldungen nach war der Verkaufspreis besser als erwartet", begründet der Händler der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft die Zuversicht der Anleger. Das habe vermutlich Hoffnungen auf höhere Rückzahlungen für das mit 6,875 Prozent verzinste Produkt geschürt. Der dadurch erzielte zwischenzeitliche Kursgewinn ist mittlerweile wieder geschmolzen, die Anleihe notiert aktuell bei 17,5 Prozent. Durch hohe Unterhaltskosten und weitere Verbindlichkeiten der MS Deutschland werde die Insolvenzquote wohl doch eher mager ausfallen.
HSH Nordbank unter Druck
Diskussionen über die zukünftige Aufstellung der HSH Nordbank hat Verkaufsdruck bei Nachranganleihen (WKNs 542696, HSH2H1, HSH2H2) ausgelöst, wie Daniel berichtet. Erstere verlor im gestrigen Handel von 35,74 auf zwischenzeitlich 27 Prozent, konnte sich im weiteren Verlauf dann bis auf knapp 29 Prozent wieder erholen. Ähnlich verlief die Kurve der beiden anderen bis Februar 2017 laufenden Produkte. Neben möglichen Finanzspritzen stehe eine Aufspaltung der Landesbank zur Debatte.
Schlechtere Noten für europäische Banken
Weil Banken künftig in Krisenzeiten kaum mehr auf staatliche Hilfen bauen können, hat mit Fitch laut Stopp als erste der drei großen Ratingagenturen dutzende von europäischen Banken herabgestuft. "Vor allem österreichische und deutsche Institute sind betroffen." Etwa sei die Commerzbank um vier Stufen nach unten gerutscht und werde nun mit "BBB" bewertet, während die Deutsche Bank mit "A" lediglich eine Stufe besser abschneide.
Von Iris Merker, Deutsche Börse AG
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© 22. Mai 2015
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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