25.09.2015 17:21:40
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Börse Frankfurt-News: Im Wechselbad der Gefühle (Anleihen)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 25. September 2015. Die Trickserei bei Abgaswerten von Dieselfahrzeugen quittieren Anleger mit massiven Abgaben von Autobauer-Bonds. Mutige Anleger nutzen die Kurseinbrüche für Neuengagements.
Die Aufregung an den Aktienmärkten im Zusammenhang mit den Manipulationen von Abgaswerten bei Dieselmotoren ist Thema Nummer eins im Handel mit Unternehmensanleihen. "Umsatzstärkster Wert in dieser Woche ist bei uns eine Hybridanleihe von VW (WKN A1ZE21), die in der Spitze 15 Prozent verloren hat", meldet Arthur Brunner von der ICF Bank. Seit Montag ist der mit jährlich 4,625 Prozent verzinste Bond von 102,31 auf 92,31 Prozent abgesackt. Insgesamt dominierten zwar die Abgaben, es gehe aber hektisch hin und her. "Anleger nutzen die schwachen Kurse zum Einstieg." Länger laufende Anleihen des deutschen Autobauers seien stärker betroffen als Kurzläufer.
Auch bei den Kunden der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft stehen Autowerte auf der Beliebtheitsskala ganz vorn. Eine seit Montag von knapp 95 auf knapp 87 Prozent eingebrochene Nachranganleihe von VW (WKN A1ZYTJ) mit einem Kupon von 2,5 Prozent lande beispielsweise tendenziell in den Depots. "Anleger kaufen in die Schwäche hinein", beobachtet Gregor Daniel. Anleihen vom Automobilproduzenten Daimler (WKN A1TNJ9) würden ebenfalls rege gehandelt und in Summe gekauft. "Am Markt wird die Branche in Sippenhaft genommen." Brunner bestätigt die Tendenz. "Auch mit Anleihen von BMW geht es hektisch hin und her."
Schaden noch nicht absehbar
Nach der Ankündigung der Ratingagenturen Fitch und S&P, die Bonitätsnote des weltgrößten Autobauers auf eine Herabstufung einer Prüfung zu unterziehen, hat Moody's derweil Nägel mit Köpfen gemacht, wie Daniel bemerkt. "Der Ausblick wurde von stabil auf negativ herabgestuft, wobei das Rating von A2 bestätigt wurde." Volkswagen könne nach Einschätzung von Moody's zwar die Rückstellungen von über 6,5 Milliarden Euro stemmen, büße aber durch den Skandal voraussichtlich Ansehen und Glaubwürdigkeit ein. Dies führe langfristig möglicherweise zu einem Image-Schaden, der sich negativ auf die Marktposition, den Markenwert und die Preiswahrnehmung der Kunden auswirken könne.
Petrobras-Bonds werden abgestoßen
Die jüngsten Äußerungen der US-Notenbankchefin, noch in diesem Jahr die Einleitung der Zinswende zu beabsichtigen, hat nach Ansicht von Brunner Anleihen des brasilianischen Ölkonzerns Petrobras stark unter Druck gesetzt. Ein bis 2019 laufender Wert (WKNs A1G97J) mit einem Kupon von 3,25 Prozent verlor in den vergangenen fünf Handelstagen von 83,42 auf knapp 71 Prozent. Ein mit jährlich 4,25 Prozent verzinster Petrobras-Bond (WKN A1G97H) mit Fälligkeit im Jahr 2023 sackte von 75,45 auf 65 Prozent ab. "Die anstehende Zinserhöhung würde besonders die Schwellenländer treffen", begründet der Händler die starken Verkäufe.
Zudem schüre der Einbruch der brasilianischen Währung Spekulationen um die Zahlungsfähigkeit des Landes. Laut Markit sind die Kosten für die Absicherung brasilianischer Staatsanleihen mit 33.000 US-Dollar für ein zehn Millionen US-Dollar schweres Paket mittlerweile so teuer wie unmittelbar nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers.
Comeback von Abengoa
Eine regelrechte Aufholjagd hat eine mit 8,5 Prozent Zinsen ausgestattete und im März kommenden Jahres fällige Anleihe Abengoa (WKN A1AVGM) hingelegt. "Banken haben einer Kapitalerhöhung zugestimmt", begründet Daniel, der eine steigende Nachfrage nach Bonds des auf erneuerbare Energien fokussierten spanischen Mischkonzerns registriert. Seit dem Tiefpunkt von 37,50 am 22. September hat der mit einem Kupon von 8,5 Prozent versehene Wert bis auf 89 Prozent aufgeholt.
Gerüchte setzen Bonds der Portugal Telecom zu
Zu den meist gehandelten Werten bei der Hellwig Wertpapierhandelsbank gehört laut Oliver Schellmann eine in 2019 zur Rückzahlung anstehenden Portugal Telecom-Anleihe (WKN A1APFE) mit einem Kupon von 5,0 Prozent. "Die Tagesverlauf wieder dementierte Meldung, dass die Schulden der Portugal Telecom umstrukturiert werden sollen, schickte die Anleihen des portugiesischen Telekommunikationskonzerns gen Süden", begründet der Händler. Die ziemlich heftigen Abschläge von rund 18 Prozent seien nach dem Dementi zum Teil wieder gut gemacht worden. "Allerdings konnte der Kurs das Niveau vor der Meldung nicht wieder erreichen." Aktuell notiert die Anleihe bei 73,44 Prozent, vor einer Woche lag der Kurs noch bei 95,39 Prozent.
Die Unsicherheit ist spürbar
Im Wechselbad der Anlegergefühle blickt der Euro-Bund-Future auf eine hektische Woche. Abgaben zum Wochenbeginn standen überwiegende Käufe von Bundesanleihen am Dienstag gegenüber, wie Schellmann nachvollzieht. "Konjunktursorgen und fallende Aktiennotierungen trieben Anleger in als sicher geltende deutsche Staatsanleihen mit mittlerer und langer Laufzeit." Mit dem überraschenden Anstieg des ifo- Geschäftsklimaindex am Donnerstag seien deutsche Staatspapiere tendenziell wieder abgegeben worden. Der Euro-Bund-Future bewegte sich in einem Rahmen zwischen 154,74 und 156,35 Prozent und notiert aktuell bei 155,35 Prozent.
Brunner zufolge wurden die Kurse deutscher Staatsanleihen zwischenzeitlich von Spekulationen über eine Aufstockung des Anleihen-Kaufprogramm der EZB angetrieben. Im Raum stünden ein Anhebung der monatlichen Käufe europäischer Staatsanleihen in Höhe monatlich 60 Milliarden Euro sowie eine mögliche Ausdehnung des Programms über den September 2016 hinaus.
Von Iris Merker, Deutsche Börse AG
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© 25. September 2015
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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