18.09.2008 16:21:00

Börse Frankfurt-News: Finanzwerte sind die Sorgenkinder der Woche (Auslandsaktien)

        FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 18. September 2008. Lehman, AIG, Merrill Lynch, Goldman Sachs und HBOS: Die Schwierigkeiten bei den Bankhäusern reißen nicht ab. Anleger ziehen sich verunsichert aus dem Geschehen zurück. Und "Nicht"-Katastrophenmeldungen will derzeit niemand hören.

Eine Hiobsbotschaft nach der anderen aus der Finanzwelt hält die Anleger in dieser Woche in Atem. "Und wir sind noch mitten drin in den Turbulenzen", kommentiert Walter Vorhauser von Close Brothers Seydler. Den Anfang des Strudels bei Finanzwerten machte am Montag die US-amerikanische Investmentbank Lehman Brothers (WKN 891041), die ihre Zahlungsunfähigkeit melden musste. "Andere Banken, bei denen man Schwierigkeiten vermutet, strauchelten schwer", berichtet Roland Stadler von der Baader Bank. So habe die Aktie der Royal Bank of Scotland (WKN 865142) in der Spitze mehr als 30 Prozent verloren und Broker suchen in dem Marktumfeld Schutz unter dem Dach großer Banken. Lehman notiert nun bei Pink Sheets - einer außerbörslichen Handelsplattform.

Schützende Staatshand über AIG

Eine der größten Versicherungen weltweit, die American International Group (WKN 859520), brachte mit der nächsten Katastrophenmeldung die Märkte ins Wanken. Dringend und innerhalb von 24 Stunden waren 75 Milliarden Dollar nötig, um eine Insolvenz abzuwehren. Der Kurs der Aktie fiel "zeitweise in Frankfurt unter einen Euro. Die US-amerikanische Regierung sprang mit einem 85 Milliarden US-Dollar-Kredit zur Rettung ein. Im Gegenzug übernimmt die Regierung 80 Prozent der Aktien. "Der Kurs der Aktie hat sich mittlerweile auf 1,70 erholt", meint Vorhauser.

Auch Merrill Lynch sucht Schutz

Nicht gerade vertrauensfördernd für die Marktstimmung war die Übernahme der US-Investmentbank Merrill Lynch (WKN 852935) durch die Bank of America. Die US-Subprime-Krise mit ihren faulen Krediten hat mittlerweile drei US-Investmentbanken vom Markt gefegt. Ebenso hat sich die US-Sparkasse Washington Mutual zum Verkauf gestellt.

Spannung bei Goldman Sachs und Morgan Stanley

Mit umso größerer Spannung wurden die Zahlen von Morgan Stanley (WKN 885836) und Goldman Sachs (WKN 920332) erwartet. Obwohl die Quartalsergebnisse von Morgan Stanley besser als erwartet gewesen seien, habe die Aktie in der Spitze 40 Prozent abgegeben, sagt Stadler. "Morgan Stanley bietet sich zum Verkauf an. Diese Tatsache lässt die Marktteilnehmer fürchten, dass hier noch Probleme schlummern."

Goldman Sachs ist bisher von der Kreditkrise verschont geblieben, nicht allerdings von der vorsichtigen Einschätzung der Investoren. "Goldman Sachs hat einen Gewinneinbruch von 70 Prozent gemeldet, von 2,85 Milliarden auf 845 Millionen US-Dollar. Anleger haben nun endgültig das Vertrauen verloren", erzählt Vorhauser. Die Aktie hat von 108 Euro auf rund 70 Euro verloren. Der gewaltige Gewinneinbruch geht vor allem auf das Konto des Investmentbanking. Die Umsätze in diesem Bereich fielen von 12,33 auf 6 Milliarden US-Dollar. Das Aktienvermögen und die Beteiligungen sind um 32 Milliarden geschrumpft. Aktuell notiert Goldman bei rund 80 Euro.

Subprime-erzwungene Übernahme auch im Königreich

Die nächste Horrormeldung für den Finanzbereich kommt aus Europa. Der britische Baufinanzierer HBOS (WKN 677485) steht ebenfalls kurz vor dem Zusammenbruch. "Mit dem Einbruch der Vorsteuergewinns um 70 Prozent hat sich das bereits angekündigt", meldet Vorhauser. Der Kurs der Aktie sei mit 1,51 Euro auf sein Jahrestief gefallen, im ersten Quartal noch hätte HBOS bei etwa 10 Euro notiert.

Inzwischen ist bekannt: Lloyds TSB (WKN 871784) wird HBOS übernehmen und damit kehrt einigermaßen Beruhigung ein. Lloyds wird über einen Aktientausch pro HBOS-Aktie 0,83 Lloyds-Aktien bezahlen, etwa 2,92 Euro pro Aktie. HBOS notiert zur Mittagszeit nach einer heftigen Berg- und Talfahrt in dieser Woche bei 2,81 Euro.

Eine Verschmelzung von Lloyds und HBOS würde in Großbritannien einen neuen Bankenriesen mit einem Marktwert von fast 38 Milliarden Euro schaffen. Lloyds und HBOS haben zusammen mehr als 3.000 Filialen und 38 Millionen Kunden, wie dpa meldet.

Gold ist die Rettung

"Wir sehen derzeit hauptsächlich Verkäufe und man spürt die Unsicherheit der Anleger", fasst Vorhauser das Anlegerverhalten in dieser turbulenten Woche zusammen. Das Vertrauen in den Markt sei gestört. "In Russland wurde in dieser Woche an zwei Handelstagen die Börse geschlossen, der Index ist in der Spitze auf 1.000 Punkte abgesackt. Der Hang Seng ist heute um 8 Prozent gefallen. Und morgen ist der dreifache Hexensabbat, in dessen Vorfeld immer noch Positionen bereinigt werden müssen und die Märkte deswegen sehr volatil bleiben. Investoren setzen vermehrt auf Gold und das konsequent." Der Goldpreis ist von etwa 750 auf 880 US-Dollar geklettert.

Allerdings erwartet Vorhauser nicht, dass das Thema Kreditkrise endgültig vom Tisch ist. "Wir werden vielleicht eine Zwischenerholung sehen, aber das Problem wird uns noch eine Weile erhalten bleiben."

Am Rande gesehen

Es gab diese Woche auch eine Übernahme, die nicht durch Pleiten oder Schieflagen erzwungen wurde. "Es ist schwer für Einzelwerte aus der Krise und der Menge nach schlechten Nachrichten herauszustechen", sagt Doreen Hanke von ICF. Der kanadische Fonds Daylight Resources wird den Ölproduzenten Athlone Energy (WKN 590091) übernehmen. Das Unternehmen, das in den vergangenen sechs Monaten um mehr als 70 Prozent zugelegt hat, wird zum Ende des Monats vom Kurszettel verschwinden. Derzeit ist Athlone wegen der Übernehme vom Handel ausgesetzt.

Möchten Sie den aktuellen Marktbericht vom Handel mit Auslandsaktien jeden Donnerstag kostenfrei per E-Mail, dann schreiben Sie uns bitte an redaktion@deutsche-boerse.com © 18. September 2008/Dorothee Liebing

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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