11.01.2013 16:00:31
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Börse Frankfurt/Baader Bond Markets: Enteignung durch die Hintertür
Stopp
11. Januar 2013. Zum 1. Januar 2013 ist der ESM in Kraft getreten und gleichzeitig wurde für alle in der Eurozone neu begebenen Staatsanleihen mit der Einführung der "Collective Action Clauses" (CAC) die Möglichkeit einer Enteignung durch die Hintertür installiert. Diese Klausel besagt, dass bei solchen Anleihen Vertragsbedingungen neu geregelt werden können, falls Dreiviertel bzw. Zweidrittel der Gläubiger diesen zustimmen (abhängig vom Abstimmungsverfahren). Mit dieser Änderung wird die Entschuldung einzelner Eurostaaten erleichtert. Noch wird das darin verborgene Gefahrenpotential klein geredet. Denn auch jeder Hauseigentümer muss eine Brand-Versicherung abschließen, ohne dass man ihm vorwirft, das Haus demnächst anzünden zu wollen. Somit wird es zumindest zu Beginn nur marginale Unterschiede bei den Renditen neuer bzw. alter Euroland-Staatsanleihen geben. Aber aus der langjährigen Erfahrung der Renditeentwicklung bei Euroland-Staatsanleihen kann gefolgert werden, dass dieser Vertragsbestandteil bald schon bepreist werden wird. Dennoch bricht man hier ein Tabu und signalisiert bereits am Emissionstag dem Anleger, dass das geschriebene Wort unter Umständen nichts mehr zählt. Da lobe ich mir doch die gute, alte Zeit, in der das gesprochene Wort an den Börsen noch etwas gegolten hat.
Es bleibt abzuwarten, wie die Investoren dieses zusätzliche Risiko bewerten und ob sich das zumindest bei Wackelkandidaten in den Renditen niederschlägt. Großinvestoren werden im Zweifelsfalle im Kundeninteresse lieber zu Anleihen ohne CAC greifen und einen Bogen um neu aufgelegte Staatsanleihen machen, aber auch dort lauern Gefahren. Denn wie uns Athen gelehrt hat, können Staaten unter bestimmten Voraussetzungen auch nachträglich die Umschuldungsklauseln per Gesetz einfügen. Allerdings werden viele Investoren durch Endfälligkeit, Anlagerichtlinien und fehlende Liquidität gezwungen sein, diesen Makel zu akzeptieren.
Startschuss durch Volkswagen
Nach den Weihnachtsfeiertagen wird oft von den sich anschließenden Umtauschtagen gesprochen, aber nicht so am Primärmarkt für Corporates. Ähnlich wie bei einem schwedischen Möbelhaus gibt es gleich zum Jahresbeginn einige interessante Neuemissionen. Den Startschuss gab die Volkswagen International Finance N.V. am Montag dieser Woche. Sie emittierte eine siebenjährige Anleihe mit einem Volumen von 1 Milliarde Euro. Als Garantiegeberin fungiert bei dieser Emission die Muttergesellschaft Volkswagen AG. Die Anleihe wurde bei einem Kurs von 99,69 Prozent begeben und ist mit einem Kupon von 2,00 Prozent ausgestattet, was einem Spread von 78 Basispunkte über Midswaps entsprach.
General Electric, einer der weltweit größten Mischkonzerne, trat diese Woche mit einer fünfjährigen und einer zehnjährigen Neuemissionen am Primärmarkt auf. Für die im März 2018 fällige Tranche wird ein Kupon von 1,625 Prozent, bei einem Emissionspreis von 99,913 Prozent, bezahlt. Was einem Aufschlag von 75 BP im Vergleich zu Midswaps entsprach. Die bis März 2023 laufende Tranche wurde mit einem Kupon von 2,625 Prozent und einem Cashpreis von 99,311 Prozent platziert. Dies entsprach einem Spread von 100 Basispunkte über Midswaps. Bei beiden Tranchen handelt es sich um ein Volumen von je 1 Milliarden Euro.
Diese drei Neuemissionen wurden mit einer Mindest-Stückelung von 1.000 Euro emittiert, um den Wünschen von Privatanlegern gerecht zu werden.
Das spanische Telekommunikationsunternehmen Telefonica emittierte an diesem Dienstag eine 10-jährige Anleihe im Volumen von 1,5 Milliarden Euro. Der Emissionskurs lag bei 100,00 Prozent und der Kupon beträgt 3,987 Prozent. Dies ergab einen Spread von 230 Basispunkte über Midswaps.
Das amerikanische Versicherungsunternehmen Metropolitan Life Global Funding I zapfte auch als einer der ersten im Jahr 2013 den Kapitalmarkt an. Die zehnjährige Anleihe ist mit einem Kupon von 2,375 Prozent ausgestattet und die Mindest-Stückelung beträgt 100.000 Euro. Das Unternehmen wird aktuell von Fitch mit AA- geratet.
Nach dem Budgetstreit ist vor dem Budgetstreit
Kaum hat sich der Staub, den der US-Haushaltsstreit mit dem mühsamen Minimalkompromiss aufgewühlt hat, verzogen, bereiten sich Republikaner und Demokraten auf die nächste Schlacht vor. Voraussichtlich schon Mitte Februar werden die USA wieder an die Schuldenobergrenze stoßen, die sich bei rund 16,4 Billionen US-Dollar befindet. Dann werden automatische Ausgabenkürzungen in Kraft treten.
Ein Münztrick soll nun eventuell die Zahlungsunfähigkeit verhindern. Ökonomen und Politiker haben sich bereits vor einem Jahr diesen möglichen "Ausweg" einfallen lassen, der immer mehr an Momentum gewinnt. US-Finanzminister Timothy Geithner ist es erlaubt, Münzen aus Edelmetallen wie Gold oder Platin mit einem Nennwert seiner Wahl zu prägen. Die Idee ist, dass er eine Platinmünze mit einem Nennwert von 1 Billion Dollar auf dem eigenen Konto bei der Notenbank Federal Reserve (Fed) hinterlegen könnte. Und das, ohne neue Schulden zu machen. Das würde der Regierung erlauben, die Schulden der USA von 16,4 Billionen Dollar um 1 Billion Dollar zu senken. Damit könnte die Regierung einen erneuten Budgetkrieg vermeiden. Oder sollten die USA 17 Münzen prägen, um schuldenfrei zu werden?
Hier stellt sich allerdings die Frage, ob nicht dieser Taschenspielertrick die eigentliche Bankrotterklärung eines modernen Landes wie der USA wäre. Reichen zwei Monate nicht aus, um in einer modernen Welt zwischen zwei Parteien zu einer Lösung zu kommen, die die Pleite eines Landes abwehrt? Solche "Machtspielchen" sind grundsätzlich gefährlich, erzeugen Politikverdrossenheit und setzen falsche Signale. Wir brauchen in einer globalisierten Welt tragfähige Kompromisse und keine Prinzipienreitereien.
Maastricht-Kriterien = Muster ohne Wert
Einem Déjà-vu gleich sind die Berichte, dass die EU-Kommission Frankreich ein Jahr Aufschub gewähren möchte, damit das Land die Defizitgrenze von 3 Prozent erreichen kann. Dieses Maastricht-Kriterium scheint für die ehemalige Grande Nation wegen der drohenden Rezession in weite Ferne zu rücken. Der Weg, statt über Sparen mit Steuererhöhungen den Haushalt sanieren zu wollen, rächt sich in diesen schwierigen Zeiten. Insbesondere wenn Pläne wie die "Reichensteuer" dann gekippt werden. Doch die Franzosen brauchen nicht zu verzagen. Die EU-Kommission hilft nicht nur Griechenland, sondern auch anderen Ländern. Da wahrscheinlich auch Spanien die Defizitgrenze von 3 Prozent im kommenden Jahr nicht erreichen wird, wird die EU ebenso wie den Galliern auch den Iberern einen Aufschub bis 2015 gewähren. Hier muss man sich fragen, was die Maastricht-Kriterien noch wert sind, wenn sie nicht eingehalten werden. Oder sollte man diesen Passus vielleicht einfach streichen? Denn eine abschreckende Wirkung hat dieser schon lange nicht mehr.
Lackmustest Zypern
Am 21. Januar steht der erste Lackmustest für die Stimmung unter den Euro-Finanzministern an. Denn dann soll ein Hilfspaket für Zypern geschnürt werden. Da die Banken des Inselstaates sehr enge Beziehungen zu griechischen Finanzinstituten haben, hat der Schuldenschnitt Griechenlands zypriotische Banken auch in Mitleidenschaft gezogen. Die 17,5 Milliarden Euro, die unter anderem zur Lösung der Probleme der Banken Zyperns gebraucht werden, dürfte die Schuldenquote der zypriotischen Volkswirtschaft in die Höhe treiben. Daher streben der Internationale Währungsfonds und einige Eurokraten direkte Kapitalspritzen des Euro-Rettungsfonds ESM für Zyperns Banken an. Doch Deutschland und einige wenige andere Länder wollen keinen Kredit ohne Gegenleistung, sondern fordern einen Weg, der die Aussicht auf eine Tilgung der Kredite bietet. Privatisierungserlöse und die Einnahmen aus der Erdgasförderung im Mittelmeer sollen dabei helfen. Doch die Verhandlungen mit dem amtierenden Präsidenten Dimitris Christofias gestalten sich schwierig, da er Reformen eher ablehnend gegenüber steht und zeitgleich mit Russland flirtet. Angeblich will die EU-Kommission das Ergebnis der im Februar anstehenden Präsidentschaftswahlen abwarten, bis man die Entscheidung über die Hilfszahlungen fällt.
Doch war die fehlende Reformbereitschaft einer Regierung eines notleidenden Landes bisher ein Grund, die Hilfsgelder nicht auszuzahlen?
Aufgalopp der Notenbanken
Endlich ist es wieder soweit. Nachdem die Notenbanker in Japan und Großbritannien zum Jahresende noch ihre Sichtweisen mit entsprechenden Beschlüssen untermauerten, tagt heute das oberste geldpolitische Gremium Eurolands. Da im Moment eher Geldpolitik mit unkonventionellen Maßnahmen betrieben wird, ist nicht mit einer Änderung der konventionellen Mittel zu rechnen. Denn wenn die EZB die Zinsen senkt, bedeutet das noch lange nicht, dass auch die Kreditzinsen sinken. Und das wäre insbesondere in den konjunkturschwachen Staaten notwendig. Trotz der niedrigen Zinssätze gibt es noch begrenzten Spielraum für die Notenbanker. Allerdings wird man sich dieses vermeintlich letzte Pulver noch trocken halten. Ob, wann und wie Banken seitens der EZB zur Kreditvergabe an Unternehmen gezwungen werden, bleibt abzuwarten. Dennoch dürften viele Institute aus Angst vor einem solchen Szenario, Ende Januar das für drei Jahre geliehene Geld vorzeitig zurückzahlen.
Nicht zuletzt aus diesem Grunde wartet man gespannt auf die Erläuterungen des EZB-Präsidenten Mario Draghi bei der anschließenden Pressekonferenz.
Euro-Bund-Future
(MORE TO FOLLOW) Dow Jones Newswires
January 11, 2013 09:30 ET (14:30 GMT)- - 09 30 AM EST 01-11-13
-2 of 2- 11 Jan 2013 14:30:00 UTC DJ Börse Frankfurt/Baader Bond Markets: Enteignung -2-
Geht es nach den Worten unserer Politiker, dann ist die Eurostaaten-Krise
nun fast beendet. Die Marktteilnehmer sind zwar davon noch nicht all
umfänglich überzeugt, aber nach dem faulen Kompromiss in den USA
reagierte das Sorgenbarometer in den ersten Handelstagen mit einem
kräftigen Kursrückgang von 145,65 Prozent auf 142,52 Prozent.
Dennoch haben inzwischen die Gerüchte um die
bonitätsmäßige Herabstufung Frankreichs und die Unsicherheit
der konjunkturellen Entwicklung in der EU, den USA und Japan den
Euro-Bund-Future wieder zurück in den langfristigen Aufwärtstrend
gebracht. Dieser Trend ist weiterhin als intakt zu bezeichnen, aber dennoch
wächst die Gefahr, dass sich bei den aktuell zu erzielenden Renditen
die Investoren risikoreicheren Anlageformen zuwenden. Dies bewirkt
sicherlich keinen "Winterschlussverkauf" von deutschen Staatsanleihen, aber
mit Inkrafttreten des ESM und den vergleichsweise hohen Renditen in Anleihen
der Sorgenkinder, ist die Bereitschaft gewachsen, Tauschoperationen
durchzuführen. Solche Transaktionen können sehr schnell die
Futureskontrakte unter Druck setzen. Charttechnisch ist die erste
Unterstützung bei 142,52 Prozent (Tief vom 4.1.13) zu sehen. Nach oben
gilt es den psychologisch wichtigen Bereich um 144,00 Prozent und 144,90
Prozent (Hoch vom 2.1.13) zu beobachten.
Irland auf dem Weg zur Normalität?
Auch in diesem Jahr wird der Refinanzierungsbedarf der Staatsregierungen sehr hoch sein. Aber dennoch könnten die Signale nicht unterschiedlicher sein. Irland sieht sich am Ziel seiner Träume angekommen, will den Rettungsschirm verlassen und zur Normalität zurückkehren. Dazu wurde erstmals eine bestehende Anleihe mit Fälligkeit Oktober 2017 (A1G71J) um 2,5 Milliarden Euro aufgestockt. Und diese Auktion kann durchaus als gelungen bezeichnet werden. Zu diesem Schritt sah man sich in der Lage, weil man bereits Ende 2012 Geldmarktpapiere erfolgreich platzieren konnte.
Ob Spanien den freien Platz unter dem Rettungsschirm benötigt, ist weiterhin in der Schwebe. Zu den benötigten Haushaltsmitteln sind die Signale sehr unterschiedlich, denn einerseits wird davon gesprochen, dass man Anleihen für 121 Milliarden Euro ausgeben muss (+7,6 Prozent gegenüber 2012), aber andererseits wird von einem geringeren Nettofinanzbedarf gesprochen (71 Milliarden Euro gegenüber 96,6 Milliarden Euro in 2012). Hierbei sind sicherlich irgendwelche Sondertöpfe noch nicht berücksichtigt.
In Deutschland schickt man sich aber an, 2013 weniger Geld von Investoren zu leihen. Mit angepeilten 250 Milliarden Euro liegt man ganze 5 Milliarden Eurounter dem Vorjahreswert. Das Defizit im neuen Haushalt soll nur noch 17,1 Milliarden Eurobetragen (nach 28 Milliarden Euro in 2012). Und gemäß Emissionskalender hat man auch gleich damit begonnen. Wurden bereits am vergangenen Mittwoch die zweijährigen Bundesschatzanweisungen um 5 Milliarden Euro aufgestockt, so wurde gestern erstmals eine fünfjährige Bundesobligation (114 165) mit der nun üblichen Umschuldungsklausel begeben. Die 1,8-fach überzeichnete Obligation wurde bei einer Durchschnittsrendite von 0,53 Prozent zugeteilt. Das Emissionsvolumen beläuft sich aktuell auf 5 Milliarden Euro
Gerüchte drücken Euro
Wie ein Silvesterfeuerwerk ist die Gemeinschaftswährung ins neue Jahr gestartet. Gleich am ersten Handelstag 2013 kratzte sie an der Marke von 1,33 US-Dollar. Allerdings war das Pulver schnell verschossen. Jüngste Meldungen über ein mögliches Downgrade Frankreichs brachten den Euro ins Straucheln. Somit fiel Europas Leitwährung bis auf 1,3035 US-Dollar zurück. In den Mittelpunkt des Interesses rückt die heutige Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB). Devisenhändler erwarten sich hiervon neue Impulse für den Markt, denn im Vorfeld der Sitzung war der Handel eher verhalten und der Euro hält sich über der Marke von 1,30 US-Dollar.
Stark ist der Euro aber gegenüber dem japanischen Yen. Die Landeswährung Japans litt unter der Verlautbarung der japanischen Notenbank, im äußersten Notfall ihre Geldpolitik weiter lockern zu wollen. Allerdings hat alles bekanntlich zwei Seiten und so stellt sich der Kursrückgang beim Yen für das aktuell konjunkturschwache Japan - als eine der führenden Exportnationen - fast wie ein Segen dar.
Auch im neuen Jahr stehen Fremdwährungsanleihen auf der Watchlist der Privatanleger. Ganz oben finden sich nach wie vor Währungsanleihen auf norwegische Kronen, australische Dollar, türkische Lira, Rubel sowie vermehrt auch US-Dollar.
Autor: Klaus Stopp, stellvertretender Leiter Rentenhandel der Baader Bank
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© 11. Januar 2013/Baader Bank AG
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(END) Dow Jones Newswires
January 11, 2013 09:30 ET (14:30 GMT)- - 09 30 AM EST 01-11-13
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