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22.03.2014 13:51:32

Beim AfD-Parteitag geht es drunter und drüber

   Von CHRISTIAN GRIMM

   ERFURT--Schon zwei Stunden nach Beginn des Parteitags der Anti-Europa-Partei AfD ist die Stimmung gereizt. Jeder Antrag wird von einem Gegenantrag gekontert. Auf Rede folgt Gegenrede. Es gibt Buh-Rufe. Allein die Wahl des Versammlungsleiters dauerte eine Stunde. Ein Parteimitglied aus Heilbronn zitierte Kant und den ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss. Die inhaltliche Debatte um das Europawahlprogramm findet nicht statt.

   Der Parteispitze gelingt es bisher nicht, den Parteitag in Gang zu bringen. Selbst Parteichef Bernd Lucke kann die Mitglieder nicht zur Räson bringen.

   Gedacht hatte sich das der Wirtschaftsprofessor aus Hamburg ganz anders. Lucke will die Partei professionalisieren und die Führung straffen. Er hat das Schicksal der Piraten vor Augen, die sich gerade selbst versenken. Bisher stehen neben ihm auch der Publizist Konrad Adam und die Unternehmerin Frauke Petry als gleichberechtigte Parteisprecher formal auf einer Ebene mit Lucke. Das will er ändern und auch auf dem Papier die klare Nummer 1 einer Partei werden, die die Kinderkrankheiten hinter sich gelassen hat.

   Doch die Alternative für Deutschland präsentiert sich als unorganisierter Hühnerhaufen. Es fehlt an Organisation. Parteimitglieder klagen darüber, dass ihnen wichtige Änderungsanträge zur Bundessatzung gar nicht oder zu spät zugesendet werden. Sitzungsleiter Bernd Kölmel appelliert verzweifelt, endlich in Gang zu kommen. "Sonst haben wir morgen Abend noch nicht einmal eine Tagesordnung", fleht der AfD-Mann aus Baden-Württemberg.

   Die Delegierten haben gegen den Willen der Parteiführung eine Diskussion um die Bundessatzung von der Tagesordnung verbannt. An der Satzung hängen wesentliche Teile der Parteifinanzierung. Parteichef Lucke lässt sich entnervt in seinen Stuhl fallen. Doch Anträge und Gegenanträge werden von der Basis weiter munter eingereicht. Ein Scheitern des Parteitags ist nicht ausgeschlossen.

   Eigentlich will sich die Alternative am Wochenende ihren Schlachtplan für die Europawahlen Ende Mai geben. Thematischer Kern ist das Ende des Euro in seiner jetzigen Form. "Die Einführung des Euro hat sich als eine Entscheidung gegen die ökonomische Vernunft erwiesen. Auch unter politischen Gesichtspunkten war sie falsch", heißt es in der Präambel zum Entwurf des Wahlprogramms.

   Großes Ziel bleibt eine Verkleinerung der Eurozone auf stabile Mitglieder aus Nord-Europa. Auch die Rückkehr zur D-Mark wird als Option nicht ausgeschlossen. Die Macht des vermeintlichen Bürokratie-Monsters in Brüssel soll gestutzt werden. Darüber hinaus will sich die Partei ein konservatives Profil geben. Die Zuwanderung in die Sozialsysteme soll verhindert werden. Staatliche Eingriffe in die Wirtschaft wie den Mindestlohn lehnt die AfD ab.

   DJG/cgr/raz

   (Mehr zu diesem Thema und weitere Berichte und Analysen zu aktuellen Wirtschafts- und Finanzthemen finden Sie auf www.WSJ.de, dem deutschsprachigen Online-Angebot des Wall Street Journal.)

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