13.12.2013 17:29:58

Badische Zeitung: Euroland hat noch viel Arbeit / Gesunden kann die Währungsunion nur, wenn Paris und Rom endlich umsteuern - Leitartikel von Ronny Gert Bürckholdt

Freiburg (ots) - Fast vier Jahre nach Ausbruch der Eurokrise kann die Währungsunion die erste gute Nachricht verkünden. Die Chancen stehen gut, dass Irland erfolgreich an den Finanzmarkt zurückkehrt und keine weitere Hilfe der Europartner braucht. Die stolzen Iren gewinnen damit auch ihr Selbstbestimmungsrecht über das nationale Budget zurück, das sie im Tausch gegen Hilfskredite abgeben mussten. Die Iren haben schmerzhafte Reformen beschlossen und - was noch wichtiger ist - sie durchgezogen. Die Unternehmen haben ihre Kosten gedrückt und sind wettbewerbsfähiger geworden. Die Neuverschuldung des Staates ist in wenigen Jahren drastisch gesunken, auch wenn sie noch immer zu hoch ist. Aber so wichtig wie die Budgetzahlen ist die Glaubwürdigkeit der Haushaltspolitiker eines Landes. Die Anleger haben guten Grund, die beharrliche Anstrengung der Iren zu honorieren, zu einer seriösen Haushaltsführung zurückzukehren. Deshalb sollte Dublin nicht von der Konsolidierung ablassen, sobald die Kontrollbesuche der Geldgebertroika von Kommission, Zentralbank und Weltwährungsfonds ausbleiben. Der erste Erfolg der Eurorettung sollte vor dem mitunter grenzenlosen Pessimismus schützen, der in den Krisenjahren viele Europäer befallen hat. Es gibt keinen Grund mehr, ausschließlich die Unzulänglichkeiten der Eurozone in den Blick zu nehmen. Euroland macht Fortschritte und investiert unter dem Druck der Krise mehr in seine ökonomische Gesundung als andere Weltregionen. Dies sollte trotz aller berechtigter Kritik an den Details der Eurorettung die deutsche Öffentlichkeit zur Kenntnis nehmen. Auf der anderen Seite gibt es keinen Grund für Siegesgesten. Die Iren haben mit einer funktionierenden Steuerverwaltung und einem wettbewerbsfähigen wirtschaftlichen Kern bessere Startbedingungen für den steinigen Weg aus der Krise als etwa die Griechen. Zweifel bleiben auch angebracht, ob im Frühjahr auch das Rettungsprogramm für Spaniens Banken wie geplant auslaufen kann, ohne dass den Iberern später noch einmal Hilfe gewährt wird, ihr in Teilen nicht lebensfähiges Finanzsystem zu stabilisieren oder abzuwickeln. Unklar sind auch die Aussichten für den Versuch Portugals, den Eurorettungsschirm im Sommer zu verlassen. Selbst wenn alles klappt, sollte niemand vergessen, dass Mario Draghi seine schützende Hand über Euroland hält. Seine Ankündigung, notfalls grenzenlos Staatspapiere von Krisenstaaten zu kaufen, hat die Finanzierungskosten der Eurozone künstlich gesenkt. Neue Schulden zu machen, ist billiger, als es sein sollte. Die Staaten unterm Rettungsschirm stehen wegen der Auflagen und der Kontrolle der Troika unter großem Reformdruck. Die Staaten außerhalb des Schirms aber, die auch wettbewerbsfähiger werden müssen, genießen die durch Draghi verbilligten Kredite, ohne dass ihnen irgendwer Druck macht. Wer käme da nicht in Versuchung, Reformen zu verschleppen, die vielen Leuten wehtun? Zuvorderst gilt das für die zweitgrößte Eurovolkswirtschaft Frankreich. Eine verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik in Paris ist Schuld daran, dass sich die ökonomischen Kennziffern mit beängstigender Geschwindigkeit verschlechtern. Die Arbeitslosigkeit steigt, das Defizit wird nach oben korrigiert, das Außenhandelsdefizit vergrößert sich, die Firmen verlieren an Wettbewerbsfähigkeit - und was tut die Regierung? Sie erhöht die im internationalen Vergleich ohnehin hohe Steuer- und Abgabenlast. Es sieht so aus, als wolle Präsident Hollande die nötigen Reformen nicht beginnen, obwohl er es könnte. Derweil scheint Italiens Premier Letta die Defizite seiner Heimat zu sehen, aber wegen politischer Blockaden nicht handeln zu können. So drohen Paris und Rom durch Untätigkeit die Erfolge Dublins, Lissabons, Athens und Madrids zunichtezumachen.

OTS: Badische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/pm/59333 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_59333.rss2

Pressekontakt: Badische Zeitung Anselm Bußhoff Telefon: 07 61 - 4 96-0 redaktion@badische-zeitung.de

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!