25.11.2013 22:27:10
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Badische Neueste Nachrichten: Wo bleibt das große Ganze
Karlsruhe (ots) - Genug geredet und verhandelt, nun muss endlich
entschieden werden. Zwei Monate und drei Tage nach der Bundestagswahl
sind die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD in der heißen
Schlussphase angekommen. Das Ringen in den zwölf Arbeitsgruppen und
vier Untergruppen ist beendet, der eher unverbindliche Austausch der
Positionen in den Sitzungen der Großen Runde mit 77 Teilnehmern auch.
Nun steht und fällt alles mit den "Großen Drei": Niemand nimmt den
Parteichefs Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel die
undankbare Aufgabe ab, aus dem Wust an Materialien einen Text zu
destillieren, dem am Ende alle drei Parteien zustimmen können, sowie
alle Personalfragen im Einvernehmen zu klären. Das Problem: In den
Arbeitsgruppen blieben mehr Fragen offen, als den Parteivorsitzenden
und ihren Generalsekretären lieb sein kann. Praktisch alle wichtigen
Themenkomplexe sind ungeklärt, der Ressort-Zuschnitt ohnehin. Und da
alles mit allem zusammenhängt und tatsächlich nichts entschieden ist,
bevor nicht alles entschieden ist, müssen die Parteichefs auf der
letzten Etappe die Koalitionsverhandlungen noch einmal in Gänze
führen. Damit aber droht ein für diese Situation typisches
Gefeilsche, bei dem es nicht mehr um die Sache geht, sondern
ausschließlich um die Gesichtswahrung. Entschieden wird nicht unter
der Frage, was dem Land nützt, sondern was es den Parteien bringt -
Mütterrente gegen Rente mit 63, Maut gegen volle Gleichstellung
gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, Betreuungsgeld gegen doppelte
Staatsbürgerschaft, Finanzministerium gegen ein für die Energiewende
allein zuständiges Wirtschaftsministerium. Und im Zweifelsfall wird
der Dissens mit einem Griff in die gut gefüllten Steuerkassen
übertüncht. Man kann sich die Einigung auch erkaufen. So drohen sich
die Chef-Gespräche im Klein-Klein des Koalitionsvertrages zu
verlieren, während das große Ganze aus dem Blick gerät. In dem Wahn,
selbst das letzte Detail noch zu klären und die gesetzgeberische
Arbeit eines jeden Ressorts festzurren zu wollen, unterlassen es die
Koalitionäre in spe, ihrer Regierungsarbeit ein tragendes Fundament
an Gemeinsamkeiten und einen Vorrat an Vorhaben zu geben, die über
die Herausforderungen der Tagespolitik greifen und den
Zusammenschluss deutlich sichtbar begründen. Angela Merkel, Horst
Seehofer und Sigmar Gabriel werden sich einigen, weil sie sich
einigen wollen. Und doch wird jeder sein Ja zum Koalitionsvertrag nur
damit begründen, was er in den Verhandlungen alles verhindert habe,
nicht was man gemeinsam erreichen wolle. Das aber könnte sich am Ende
als zu wenig für eine vierjährige Regierungsarbeit erweisen.
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