"Wartungsarbeiten" beendet 27.11.2023 10:34:00

Ausgang von SIGNA-Sanierung unklar - Wifo-Direktor hält ähnliche Fälle für möglich

Ausgang von SIGNA-Sanierung unklar - Wifo-Direktor hält ähnliche Fälle für möglich

Die Arbeiten am Benko-Firmengeflecht selbst haben aber angedauert. Gesucht wurde weiter ein Investor, der etwa eine halbe Milliarde Euro kurzfristig - und teuer - bereitstellt, ging aus Insiderinformationen hervor. Konzern und Sanierer kommunizierten nicht.

Sollten die Gespräche um neues Geld scheitern, "führt kein Weg an der Pleite des Imperiums vorbei", so ein Insider am Sonntag zur APA. Es laufe "ein letzter Versuch".

Der Sanierer Arndt Geiwitz ist indes "nur" SIGNA-Berater. Der Fachmann hat bisher weder den Vorsitz des SIGNA-Beirats noch des -Komitees übernommen, besagen gesicherte APA-Informationen, die bisher weder vom Konzern noch vom Geiwitz-Büro bestätigt werden. Auch die deutsche "Lebensmittelzeitung" berichtet am Sonntag über diesen Punkt. Die wieder online gegangene Homepage zeigte wie schon vor dem vorübergehenden Verschwinden der Inhalte Gewitz jedenfalls neuerlich als Beiratsvorsitzenden an.

Die Sanierung des Konzerns durch Geiwitz, der aufgrund von Investorendruck engagiert worden war, wackelte am Sonntag. Denn das Gelingen der Restrukturierung der SIGNA nach einem Geiwitz-Konzept hängt von der dringend nötigen frischen Liquidität ab. "Theoretisch" bestünden noch Chancen, so der Insider. Kommt die Finanzierung, nach der fieberhaft gesucht wird, würde Geiwitz tatsächlich den Vorsitz im SIGNA-Beirat und -Komitee übernehmen.

Auf der Website (https://www.signa.at) fanden sich ab Samstag bis zum Sonntagabend vorerst nur mehr Pressekontakte und Impressum. Das hatte ein Sprecher laut "Kurier" mit "Wartungsarbeiten übers Wochenende" begründet. Sonntagabend wurden auf Hochglanz wieder Prestige-Immobilien gezeigt.

Insider bestätigten gegenüber der APA zuvor Medienberichte, wonach eine deutsche Immobilientochter am Freitag einen Konkursantrag in Berlin-Charlottenburg gestellt hat. Am Freitag hatten "Spiegel" und "News" aus dem Antrag zitiert. Laut "Wirtschaftswoche" (Wochenende) sind Mitarbeiter auch via Brief darüber informiert worden.

Das Gericht muss dem Konkursantrag laut APA-Informationen noch formell zustimmen. Das gilt als sicher, wird nicht doch noch rasch Geld aufgestellt. Wird der Antrag angenommen, dürfte am Montag die Kommunikation dazu erfolgen. Am Wochenende war vom Amtsgericht Charlottenburg keine Stellungnahme zu erhalten.

Standhaft hielten sich am Wochenende Gerüchte, wonach es am Dienstag richtig dick kommen und die SIGNA Holding Insolvenz beantragen dürfte. Das ist freilich nicht fix, bis es tatsächlich passiert, und wird auf Anfragen ebenso nicht kommentiert.

Schon vor dem ersten Konkursantrag einer deutschen Immotochter am Freitag - die SIGNA Sports United ist ja schon länger insolvent - hatte es unbestätigt geheißen, Insolvenzanträge verschiedener Gesellschaften des als undurchsichtig geltenden SIGNA-Firmengeflechts würden vorbereitet. Aus dem Konzern hieß es, man verhandle mit möglichen Geldgebern.

Bei den dringend benötigten Riesensummen hofft die SIGNA etwa auf einen Mezzanine-Investor, der vereinfacht erklärt sehr teures Kapital bei wenig direkter Mitsprache zur Verfügung stellt. Ein solcher Investor würde 500 oder womöglich sogar 600 Millionen Euro Kredit geben, die zum Teil besichert werden könnten, zum Teil aber auch unbesichert wären, schrieb etwa die "FAZ" (Samstag). Dadurch würden extrem hohe Zinsen fällig. Zusammen mit zusätzlichen Gebühren können Kreditkosten von über 20 Prozent pro Jahr entstehen.

Offizielle Informationen vom Unternehmen sind des Längeren Mangelware. Zu den aktuellen Entwicklungen waren am Wochenende bis zum Sonntagabend abseits der Auskunft zur Homepage-"Wartung" keine Stellungnahmen von SIGNA zu erhalten - weder für die APA, noch für Zeitungen, Nachrichtenagenturen oder TV-Sender, wie die Medienbeobachtung zeigt.

Dass die Lage zumindest schwierig ist, untermauern Baustopps bei Prestigeprojekten in deutschen Metropolen wie München und Hamburg. Hier geht es etwa um den Wolkenkratzer Elbtower und wichtige Vorhaben mitten in der City der bayerischen Landeshauptstadt. Zum Elbtower berichtete das "Handelsblatt" (Montag), dass der Hamburger Milliardär Klaus-Michael Kühne laut Insidern die Übernahme der Hochhausbaustelle prüfe. Die Baukosten waren mit 950 Mio. Euro taxiert.

Das ursprüngliche Firmen-Mastermind Benko wird in Österreich auch Thema der neuen angekündigten parlamentarischen Untersuchungsausschüsse. Unter vielen Punkten dürfte hier auch Kika/Leiner Thema werden - die Möbelketten gingen sehr knapp nach dem Verkauf durch die SIGNA pleite und werden nun nur mehr abgespeckt weitergeführt und saniert. In Deutschland bereitet sich die letzte große Warenhauskette Galeria Kaufhof, die zum wankenden SIGNA-Imperium gehört, auf eine Schieflage der SIGNA vor.

In der Bilanz hatte die SIGNA-Holding fürs Vorjahr von Schulden in der Höhe von 2 Mrd. Euro berichtet. Heuer sollen davon 1,3 Mrd. refinanziert werden müssen, bis Ende November soll eine halbe Milliarde Euro benötigt werden.

Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr ging unterdessen davon aus, dass nicht nur der SIGNA-Konzern durch die gestiegenen Zinsen in Schwierigkeiten geraten ist. Wahrscheinlich werde man solche Probleme, wie sie jetzt bei SIGNA bestehen, in den nächsten Monaten und Jahren auch in anderen Unternehmen in ganz Europa sehen, sagte Felbermayr am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Das Wifo gehe aber "nicht davon aus, dass es zu einer Finanzmarktkrise mit den Banken im Zentrum kommen könnte".

Felbermayr: Probleme wie bei SIGNA auch bei anderen zu erwarten

Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr glaubt, dass nicht nur der SIGNA-Konzern von René Benko durch die gestiegenen Zinsen in Schwierigkeiten geraten ist. Wahrscheinlich werde man solche Probleme, wie sie jetzt bei SIGNA bestehen, in den nächsten Monaten und Jahren auch in anderen Unternehmen in ganz Europa sehen, sagte Felbermayr am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Das Wifo gehe aber "nicht davon aus, dass es zu einer Finanzmarktkrise mit den Banken im Zentrum kommen könnte".

Es habe "viele Analysten überrascht, dass dieser starke Zinsanstieg nicht zu mehr Turbulenzen auf den Finanzmärkten und auch am Immobilienmarkt geführt hat", sagte der Wifo-Chef. Durch höhere Zinsen werde nicht nur das Aufnehmen von Geld teurer, was für hoch verschuldete Konzerne ein Problem sei, sondern auch der Wert der Immobilien sinke stark. Das sei problematisch, wenn man langfristige Vermietungsverträge habe, die man nicht an das Zinsniveau und die Inflation anpassen könne. "Wenn man jetzt etwas umschulden oder neu finanzieren muss, dann ist der Wert der Immobilie, um die es geht, deutlich kleiner geworden."

Wichtig wäre es, die Baukonjunktur nicht ganz erlahmen zu lassen, warnt Felbermayr - darum sei es gut, den Wohnbau anzuschieben und Sanierungsprojekte voranzutreiben. Die Abwärtsrisiken für die Konjunkturprognosen seien größer als früher. "Aber nach wie vor ist unsere wahrscheinlichstes Szenario dieses, dass im nächsten Jahr aufgrund der deutlichen Zuwächse bei den Reallöhnen eine konsumgetriebene Erholung einsetzt."

Bei den EZB-Leitzinsen dürfte die Obergrenze bereits erreicht sein, meint Felbermayr. "Das war eine sehr schnelle, sehr starke Anhebung. Die hat es in der Euro-Geschichte so noch nie gegeben." Es werde 12 bis 18 Monate dauern, bis diese Zinsschritte in der Realwirtschaft ankommen. Weitere Maßnahmen der EZB werde es aber wohl noch beim "Quantitative Tightening" geben. Die EZB habe vor der Teuerung sehr viele Aktien, Anleihen und andere Wertpapiere in ihre Bilanz genommen und dafür Liquiditätsspritzen in die Wirtschaft gepumpt, was neben den niedrigen Zinsen ebenfalls preistreibend gewirkt habe - das werde jetzt zurückgefahren, "es bleibt geldpolitisch eng".

Bei den Maßnahmen gegen die Inflation habe die österreichische Regierung "nicht alles falsch gemacht", so der Wifo-Chef. So wäre ohne die Strompreisbremse wäre die Inflation um einen Prozentpunkt höher. Aber in Österreich habe man weniger als in anderen Ländern direkt in die Preise eingegriffen, etwa mit Tankrabatten oder eine Senkung der Mehrwertsteuer. Dafür sei das Budgetdefizit in Österreich geringer als in anderen Ländern. Da hätte man mehr tun können oder sollen, aber "das hätte das Problem in das Budget verlagert und dann sozusagen auf die nachkommenden Generationen übergewälzt".

Jetzt sollte man doch stärker in die Preisentwicklung selbst eingreifen, empfiehlt der Wifo-Ökonom. "Es gibt ja eine Vereinbarung in der Koalition zu einer Mietpreisbremse, die gehört umgesetzt." Auch sollte man im öffentlichen Sektor die Gebühren und Abgaben unten halten. "Immerhin 9 Prozent des Warenkorbes sind sogenannte administrierte Preise." Auch könnte man überlegen, ob es auch in Österreich ähnlich wie in Deutschland eine Monopolkommission geben sollte, "vielleicht sogar eine, wie es Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund verlangen, auch so etwas wie eine Preiskommission".

Von Mehrwertsteuer-Senkungen hält der Wifo-Chef nicht viel. Es sei nicht klar, wie das bei den Menschen ankommen und ob das Geld nicht zum Teil in den Betrieben verbleiben würde. Die Mehrwertsteuer werden von manchen Ökonomen als "Gießkanne on Steroids" bezeichnet. "Das wäre die Ultima Ratio - falls alles andere nicht funktioniert, würden wir auch das nicht ausschließen. Aber es gibt doch reichlich andere Instrumente, die weniger Nebenwirkungen haben." Man müsse sich auch überlegen, wie mit auslaufenden preissenkenden Instrumenten umzugehen sei, also etwa der Strompreisbremse und der Senkung der Steuern auf Strom und Gas. "Wenn man diese Absenkung wieder rückgängig macht, dann gibt es wieder einen Preisauftrieb."

Die Inflation mache heuer auch die Kollektivvertragsverhandlungen besonders schwierig, weil es vor allem in der metallverarbeitenden Industrie eine Rezession gebe, erklärte Felbermayr. Die Industrie leide unter hohen Energie- und Materialkosten und könne den Arbeitnehmern die Inflation schwer abgelten, was aber aus volkswirtschaftlicher Sicht gut wäre. Dass der Staat mit einer Pensionserhöhung von 9,7 Prozent und einer Erhöhung der Beamtengehälter um deutlich mehr als 9 Prozent "vorgeprescht", hält Felbermayr nicht für hilfreich. Dass man im öffentlichen Dienst das vom Staat angebotene Modell der sozialversicherungsbefreiten Bonuszahlungen nicht genutzt habe, findet er "eigenartig".

(APA)

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Bildquelle: Sebastian Widmann/Getty Images,Gisela Schober/Getty Images

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