13.02.2014 20:28:02

Allg. Zeitung Mainz: Unfassbar - Kommentar von Lars Hennemann zu Sterbehilfe

Mainz (ots) - Es gibt Themen, die sind im wahrsten Sinne dieses viel zu oft gebrauchten Wortes derart unfassbar, dass man sich nur wünschen kann, von ihnen verschont zu bleiben: Was, wenn ein Kind derart unter Krankheit und Schmerz leidet, dass sein Leben eine einzige Qual ist? Was tun, wenn die Medizin an ihre Grenzen stößt? Nicht jeder findet dann Trost in der Religion, die jungen Kranken schon gar nicht. Transzendenz ist ein Konzept, das sich ihnen schlicht nicht erschließt. Aber nicht nur deshalb ist dieses Thema ausschließlich eines für Erwachsene. Vor allem eines sollte bei der Bewertung des Beschlusses des belgischen Parlamentes beachtet werden: Mit dem Begriff der Selbstbestimmung sollte jetzt keinesfalls Schindluder getrieben werden. Kein Kind, sei es gesund oder krank, weiß, was es bedeutet, ein Leben überhaupt zu haben. Hinter diesem wohlfeilen Begriff darf sich also niemand, der Position zur Sterbehilfe für Kinder bezieht, verstecken. Bei letzten Dingen sind diejenigen, die für Kinder entscheiden, grausamen Gedanken ausgesetzt. Die Frage, ob man sie mit diesen Gedanken, die - wie demnächst in Belgien - zu endgültigen Entscheidungen führen können, allein lassen darf, ist die entscheidende. Letztlich muss sie jeder persönlich beantworten, und deshalb sei an dieser Stelle ausnahmsweise Persönliches gestattet: Ich habe zwei Kinder, und ich bin dankbar, dass sie gesund sind. Und ich möchte, dass mein Staat mich niemals allein lässt und mich durch ein Verbot der Sterbehilfe möglicherweise vor mir selbst bewahren würde, wenn ich mit meinem eigenen Kummer nicht mehr umgehen könnte. Der Gedanke, aktiv Richter über Leben und Tod eines Kindes sein zu können, ist für mich trotz aller anderen Argumente der unfassbarste von allen.

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