20.12.2013 18:54:59

Allg. Zeitung Mainz: Mit Ach und Weh / Kommentar zum EU-Gipfel

Mainz (ots) - Allem Anschein nach geht Angela Merkel ihren europäischen Partnern derzeit ein wenig auf die Nerven, mit ihrem Beharren auf Reformen. Das spricht nicht gegen die deutsche Kanzlerin, und helfen wird es den Regierungschefs in Paris, London, Rom und anderenorts am Ende auch nicht, wenn sie unwirsch werden. Die EU ist alles andere als wetterfest. Die Krise, gerne Eurokrise genannt, in Wahrheit eine Staatsschuldenkrise, ist mit Ach und Weh halbwegs eingedämmt, jedoch Lichtjahre entfernt von einer grundlegenden Heilung. Solidarität, ja, zweifellos, aber Gerechtigkeit ist auch ein entscheidender Maßstab. Deshalb muss die EU den Staaten, die Hilfe bekommen, auch gehörige Anstrengungen abverlangen. Griechenland stand einen Millimeter vor dem Abgrund; ob die Reformerfolge, die manche dort erkennen wollen, tatsächlich existieren, muss sich erst noch erweisen. Noch schwieriger ist es, wenn das große stolze Spanien auf Unterstützung angewiesen ist, oder wenn gar Frankreich ins Schlingern kommen sollte. Letzteres steht massiv zu befürchten. Das Land lebt in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik weit über seine Verhältnisse, aber der sozialistische Präsident Hollande hat nicht im Entferntesten die Statur, sich zu etwas Vergleichbarem wie Schröders Agenda 2010 aufzuschwingen. Sobald die Grande Nation um Hilfe bitten und offenbaren muss, dass sie sich ökonomisch in einer Lage wie Madrid oder Lissabon befindet, dann werden die Franzosen schockiert sein. Vor allem in Berlin schlägt dann auch die Stunde der Psychologen. Vielen in Europa ist Merkel zu mächtig - menschlich in gewisser Weise verständlich. Aber - und darauf kommt es an - sie erledigt ihre Aufgaben effizient wie wenige ihrer Kollegen. Das gilt es zu registrieren - und anzuerkennen.

Von Reinhard Breidenbach.

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