13.02.2014 20:24:00

Allg. Zeitung Mainz: Mehrere Tragödien - Kommentar zum Fall Edathy

Mainz (ots) - Tumultartige Zustände, ein Wust von Beschuldigungen, Verdächtigungen und wachsweiche bis verzweifelte Erklärungsversuche derer, gegen die sich Verdacht richtet. Nicht zu vergessen: Eine Provinzzeitung, die unter gröblichster Verletzung des Presserechts, vor allem aber des Anstands, eine polizeiliche Durchsuchung in einer Wohnung fotografiert. Nein, eine Staatskrise ist das nicht, aber schon ein Stück aus dem Tollhaus und einmal mehr eine Katastrophe für die Glaubwürdigkeit von Politik. Auch die Justiz steht nach bisherigen Erkenntnissen in einem merkwürdigen Licht. Um Schlimmeres zu verhindern, ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und die Gedanken zu sortieren. Kinderpornografie ist juristisch strafbar und moralisch ekelhaft. Aber es gilt die Unschuldsvermutung. Ein Gericht ist die einzige - weltliche - Institution, die legitimiert ist, Sebastian Edathy frei- oder schuldig zu sprechen. Hans-Peter Friedrich bewies nach allem, was bislang bekannt ist, im Oktober einmal mehr seine Unfähigkeit; das überrascht niemanden. Wer ihm - juristisch - Geheimnisverrat anlastet, ist beweispflichtig. Wer ihn - politisch - nicht mehr im Kabinett sehen möchte, hat unabhängig davon recht. Man muss sich darüber Gedanken machen, wie Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier, Thomas Oppermann und Christine Lambrecht die Situation, bestimmte Informationen über ihren Parteikollegen Edathy zu haben, verkraftet haben, und wie sie damit umgegangen sind. Wer ihnen Strafvereitelung vorwirft, ist beweispflichtig, anderenfalls bewegt er sich am Rande des Rufmords. Nur eines steht wirklich fest: Es haben sich im Zusammenhang mit dem Fall Edathy mehrere menschliche Tragödien abgespielt. Und es könnten weitere folgen.

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