Allg. Zeitung Mainz: Fanale / Kommentar zur BKA-Warnung, von Reinhard Breidenbach

Mainz (ots) - Die Skepsis der Deutschen mag zunehmen, die Zustimmung zu Merkel und ihrem "Wir schaffen das" bröckeln: Die mentale Verfassung im Land und die Haltung der Einheimischen gegenüber Asylsuchenden ist glücklicherweise doch eine andere als damals, Anfang der Neunziger, da in Rostock-Lichtenhagen 3000 angeblich brave Bürger einem rechten Mob applaudierten, der ein Wohnheim für Vietnamesen in Brand setzte. Gleichwohl ist die Warnung des BKA vor zunehmender Gewalt gegen Ausländer richtig, sie muss aufrütteln und sensibilisieren. Die Messerattacke auf die nun gewählte Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker war ein zusätzliches, ein unübersehbares Fanal. Wenn Justizminister Heiko Maas erklärt, fremdenfeindliche Gewalt sei "beschämend für unser Land", ist das zwar zunächst auch nur ein Lippenbekenntnis, zumal sich Maas offenbar schwertut mit Bemühungen, die Rolle des Internets bei Hasstiraden zu analysieren und Gegenstrategien zu entwickeln. Wenn Maas gegen Google antritt, gewinnt vermutlich - leider - immer noch Google. Immerhin scheint Maas begriffen zu haben, was die Stunde geschlagen hat. Eine glatte Katastrophe ist es dagegen, dass ausgerechnet der Vorsitzende einer Polizeigewerkschaft fordert, einen Zaun an der deutschen Grenze zu errichten. Damit macht sich Rainer Wendt bei verständigen Menschen lächerlich, befeuert aber im Ergebnis die kriminelle Energie von Neonazis. Letzteren nähern sich im Übrigen immer mehr Pegida-Demonstranten an. Niemand, der da mitmarschiert, vielleicht gar mit ruhig festem Schritt, kann sich herausreden, er wisse nicht, welche Zusammenrottung er da unterstützt.

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