11.07.2022 13:05:38

AKTIEN IM FOKUS: Uniper leidet unter drohendem Gasstopp - Auch Fortum schwach

FRANKFURT/HELSINKI/PARIS (dpa-AFX) - Die Aktien von Uniper sind am Montag angesichts der Sorgen über die weitere Gasversorgung aus Russland ans MDAX-Ende abgerutscht. Nach dem Antrag des strauchelnden Gasversorgers auf staatliche Unterstützung ist weiter unklar, wie diese genau aussehen wird. Die Bundesregierung bemühe sich um eine zeitnahe Lösung für eine Stabilisierung des angeschlagenen Energieversorgers, sagte eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag in Berlin. Einzelheiten nannte sie nicht.

Gegen Mittag büßten die Uniper-Papiere knapp acht Prozent auf 10,07 Euro ein. Damit näherten sie sich nach der jüngsten Stabilisierung wieder ihrem am vergangenen Dienstag markierten Rekordtief von 9,245 Euro. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar steht für die Aktie aktuell ein Wertverlust von fast 70 Prozent zu Buche. Der Index der mittelgroßen deutschen Börsenunternehmen hat in diesem Zeitraum 18 Prozent nachgegeben. Uniper war erst 2016 durch die Abspaltung vom Energiekonzern Eon (EON SE) entstanden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will bei der Rettung des Unternehmens auch dessen Hauptaktionär Fortum in die Pflicht nehmen. Fortum schwebt hingegen eine Umstrukturierung Unipers vor, mit dem Ziel, eine Versorgungssicherheitsgesellschaft im Eigentum des Bundes zu gründen. Der finnische Konzern hat seinem deutschen Ableger bereits rund vier Milliarden Euro als Barmittel und nochmal genauso viel als Garantien zu Verfügung gestellt.

Der finnische Energieversorger hält 78 Prozent des Uniper-Grundkapitals und gehört selbst wiederum zu etwas mehr als 50 Prozent dem finnischen Staat. Dabei machte die finnische Regierung am Wochenende keine Hoffnung darauf, dass sich Fortum an den Rettungsmaßnahmen für den strauchelnden deutschen Energiekonzern weiter beteiligt. Die Fortum-Papiere sackten an der Börse in Helsinki um 2,3 Prozent ab.

Andere Energieversorger zeigten sich von den jüngsten Ereignissen weniger beeindruckt: Im Dax (DAX 40) verloren Eon und RWE zu Wochenbeginn mit einem beziehungsweise einem halben Prozent vergleichsweise wenig. Der europäische Branchenindex Stoxx Europe 600 Utilities war in der Sektorwertung eine positive Ausnahme in einem weiter eingetrüben Aktienmarkt-Umfeld. Auch europäische Branchenvertreter wie Enel und Iberdrola (Iberdrola SA) hielten sich im Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (EURO STOXX 50) ganz ordentlich.

Die Uniper-Pressekonferenz am vergangenen Freitag habe wie erwartet gezeigt, dass die Unternehmensführung mit einer Kapitalspritze ein schlechteres Kreditrating vermeiden wolle, kommentierte Analyst Vincent Ayral von der US-Bank JPMorgan. Die Höhe einer Unterstützung werde davon abhängen, ob nach der am heutigen Montag beginnenden, zehntägigen Wartungspause wieder russisches Gas durch die Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland fließen werde. Angesichts der aktuellen Gaspreise drohe Uniper bis Jahresende ein Verlust von über zehn Milliarden Euro, falls es die höheren Preise nicht zeitnah an die Kunden weitergeben könne. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire bereitet sich laut einem Agenturbericht auf eine vollständige Kappung russischer Gaslieferungen vor.

Bernstein-Analystin Deepa Venkateswaran hob bei Uniper die noch fehlenden Einzelheiten eines Rettungsplans hervor. Unklar sei zudem, wie lange es dauern werde, bis die Bundesregierung Uniper bei den Gaspreisen unter die Arme greife und wie hoch der Schaden für die Aktionäre bis dahin ausfallen werde. Sie hält auch für ungewiss, ob die Bundesregierung Interesse an einer Komplettübernahme des Unternehmens oder - wie von Fortum offenbar gewünscht - der für Deutschland systemisch relevanten Teile hat.

Die Expertin bevorzugt Eon und RWE weiterhin gegenüber Uniper und Fortum. RWE sei nur begrenzt von russischem Gas abhängig und die jüngste Kursentwicklung eine Überreaktion auf Unipers Probleme. Die aktuelle Krise stärke zudem den Status von RWE als deutscher Marktführer, der mit Kohlekraftwerken, Flüssigerdgas (LNG) und dem rasch wachsenden Portfolio mit erneuerbaren Energien zur deutschen Versorgungssicherheit beitrage. Bei Eon sieht Venkateswaran als größte Belastungsfaktoren die Miteigentümerschaft an Nord Stream 1 mit einem Buchwert von 750 Millionen Euro sowie den Einfluss von Forderungsausfällen auf die Margen im Falle einer Rezession./gl/tih/stk/lew

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