13.03.2015 19:32:58
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Aachener Zeitung: Kommentar: Vorbild mit Kopftuch / Verbot war ein fatales Signal in Richtung Muslime / Amien Idries
Aachen (ots) - Auch wenn Pegida & Co. angesichts des
Richterspruchs aus Karlsruhe aufschreien werden, das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts ist logisch, konsequent und kein Anzeichen
für eine fortschreitende Islamisierung. Das einzige, was die Richter
gemacht haben, ist die Unwucht auszugleichen, die in Paragraf 57 des
NRW-Landesschulgesetzes zugunsten christlicher und abendländischer
Symbole bislang festgeschrieben ist. Eine Unwucht übrigens, die sie
selber mit ihrer Entscheidung aus dem Jahr 2003 produziert haben. Es
ist wirklich schwer verständlich, warum eine Nonne in ihrer
Ordenstracht unterrichten darf, einer muslimischen Lehrerin aber das
Kopftuch verwehrt wird. Wer hier mit der christlichen Tradition
Deutschlands und Europas argumentiert, hat das Rechtsprinzip der
Gleichbehandlung nicht verstanden. Natürlich kann ein Christ, Muslim,
Buddhist oder Jude der Meinung sein, dass seine Religion mehr wert
ist als die von anderen. Ein Staat, der diesen Eindruck erweckt,
begibt sich aber in gefährliches Fahrwasser. Das war wohl auch den
NRW-Gesetzestextern bewusst, weswegen sie sich zu der steilen
Argumentation verstiegen, dass Lehrerinnen mit Kopftuch per se den
Eindruck erwecken könnten, gegen die Menschenwürde und die
Gleichberechtigung aufzutreten, weshalb also der Schulfriede
gefährdet sei. Dahinter steckt das Argument, dass das Kopftuch ein
Symbol für und ein Instrument zur Unterdrückung von Frauen ist.
Darüber lässt sich herrlich ergebnislos streiten, weil
Kopftuchträgerinnen stets behaupten, das Textil freiwillig anzulegen,
und Gegner ihnen sagen, sie seien Opfer einer Indoktrination und ihr
Kopftuchtrage-Wunsch nur Ausdruck der patriarchalischen Kultur und
Religion, der sie entstammen. Kaum zu lösen diese Diskussion,
weswegen sich der Blick in die Praxis lohnt. Welch besseren Ausdruck
für Emanzipation und Gleichberechtigung kann es geben als eben
Bildung? Die Frauen, denen der Eintritt in den Schuldienst wegen des
Kopftuchs verwehrt werden sollte, haben studiert. Sie haben sich
häufig - vermutlich auch gegen Widerstände in ihren Familien - als
Migrantenkinder durchgebissen, die es an deutschen Unis prinzipiell
schwerer haben. Welche besseren Vorbilder kann es bitte schön für
muslimische Mädchen geben als die Frauen, die zeigen, dass sich
Kopftuch und ein eigener Wille nicht widersprechen müssen. Dass
dieses Land Leistung und Anstrengung ohne Ansicht der Herkunft und
der Religion belohnt. Und wie fatal ist im Gegenteil das Signal in
Sachen Integration, wenn gesellschaftlicher Aufstieg an einem
Kopftuch scheitert? Dabei geht es nicht darum, die Gefahr durch
Islamisten kleinzureden. Die manifestiert sich aber nicht in einer
befürchteten Kolonne von Kopftuch-Lehrerinnen, die unsere Schüler
indoktrinieren, sondern in radikaler Gesinnung von Muslimen, die sich
von unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung abgekehrt haben.
Übrigens auch, weil Teile der Mehrheitsgesellschaft Muslimen
gegenüber ein Grundmisstrauen pflegt, für das die Debatte um das
Kopftuch ein Symptom ist.
OTS: Aachener Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/pm/61649 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_61649.rss2
Pressekontakt: Aachener Zeitung Redaktion Aachener Zeitung Telefon: 0241 5101-389 az-blattmacher@zeitungsverlag-aachen.de
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