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01.04.2018 05:00:00

10 Jahre Krise - Chronologie: April und Mai 2008 1

Vor zehn Jahren brach in den USA ausgehend vom Immobilienmarkt eine Krise um zweitklassige Hypothekendarlehen aus. Hypothekenbanken konnten Milliarden nicht mehr an ihre Gläubiger zurückzahlen. Diese Subprime-Krise weitete sich in der Folge zu einer globalen Finanz-, Wirtschafts- und Politikkrise aus, deren Höhepunkt die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 markierte.

Nachdem es im März 2008 mit der Pleite und Rettung der fünftgrößten US-Investmentbank Bear Stearns zum ersten Höhepunkt der Krise kommt, nimmt im April 2008 auch die Krisenberichterstattung deutlich mehr Raum ein. Die negativen Auswirkungen der Krise schlagen sich erstmals deutlich spürbar in den Quartalsergebnissen nieder. Etliche Großbanken müssen milliardenschwere Abschreibungen oder gar Verluste melden.

Erste für das Finanzsystem wichtige notleidende Banken müssen mit massiven Geldspritzen über Wasser gehalten werden. Warnungen vor einem Übergreifen der Krise auf die Realwirtschaft werden laut. Ökonomen rechnen mit dramatischen Wachstumseinbrüchen. Pessimismus breitet sich aus, die Stimmung in der Weltwirtschaft fällt auf den tiefsten Stand seit sechs Jahren. Erste Gegenmaßnahmen werden ergriffen. So vereinbaren etwa die größten Industrieländer eine engere Zusammenarbeit bei der Finanzmarktaufsicht. Ein Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems kann gerade noch vermieden werden.

Der folgende achte Teil einer Chronologie wichtiger Ereignisse von vor zehn Jahren betrachtet die Monate April und Mai 2008. Bisherige Chronologien und Hintergründe am 3. März, 13. April, 2. Juni, 28. Juli, 23. November, 3. Dezember 2017 und 8. Februar 2018 behandelten den Zeitraum von Jahresbeginn 2006 bis März 2008.

Beginn der Chronologie April und Mai 2008:

1. April 2008:

Die Schweizer UBS und die Deutsche Bank müssen weitere Milliardenbeträge abschreiben.

Die US-Investmentbank Lehman Brothers besorgt sich frisches Kapital.

Ein Vertreter der Europäischen Zentralbank (EZB) verteidigt die zurückhaltende Zinspolitik der EZB.

Die EU-Finanzminister treffen sich in Slowenien um über die Konsequenzen aus der Kreditkrise zu beraten.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet einen dramatischen Wachstumseinbruch in den USA.

EU-Finanzkommissar Joaqu�n Almunia sieht den Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise noch nicht erreicht.

Die Kreditkrise belastet den heimischen Volksbanken-Konzern bisher mit gut 200 Mio. Euro.

2. April:

Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, hält die internationale Finanzkrise noch nicht für ausgestanden.

Die deutschen Banken sitzen laut einer Studie auf faulen Krediten von rund 200 Mrd. Euro.

Der IWF senkt seine Wachstumserwartung 2008 für die Eurozone deutlich von 1,8 auf 1,3 Prozent.

US-Notenbankchef Ben Bernanke schließt ein Abrutschen der USA in eine Rezession nicht mehr aus.

3. April:

Die Bankenkrise wird nach Ansicht des deutschen Finanzministers Peer Steinbrück (SPD) noch bis ins kommende Jahr dauern.

"Es kommt auf jeden Fall ein negativer Einfluss auf die deutsche Wirtschaft zu", so der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Dennis Snower.

Die Belastungen der BayernLB fallen mit 4,3 Mrd. Euro weit höher aus als bisher bekannt.

Insgesamt müssen die Banken weltweit laut einer Analyse bis zu 600 Mrd. US-Dollar abschreiben - erst die Hälfte davon wurde bereits bekanntgegeben.

4. April:

Die EU-Finanzminister und Notenbankgouverneure der 27 EU-Staaten verständigen sich auf eine engere Zusammenarbeit der nationalen Finanzaufsichten.

7. April:

Die deutschen Geschäftsbanken erwarten kein schnelles Ende der Finanzkrise.

Wall-Street-Analysten senken ihre Prognosen für die Gewinne der US-Unternehmen erneut. Sie erwarten ein Minus von rund 12 Prozent für das ersten Quartal 2008.

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, räumt das Versagen von Banken beim Umgang mit der weltweiten Finanzkrise ein. Auch Risikomanager und Aufsichtsbehörden seien überfordert gewesen.

Die Deutsche Bundesbank warnt vor einem Übergreifen der Finanzkrise auf die Realwirtschaft.

8. April:

Voestalpine-Chef Wolfgang Eder ist von der Robustheit der Konjunktur überzeugt. "Wir haben nach wie vor primär eine Bankenkrise, keine Konjunkturkrise".

Alan Greenspan, Ex-Präsident der US-Notenbank Fed, wehrt sich gegen Kritik. Er bereue keine seiner Entscheidungen an der Spitze der Zentralbank. Kritiker werfen Greenspan vor, wegen der massiven Zinssenkungen Anfang des Jahrzehnts an der Finanzkrise mitschuldig zu sein. Das billige Geld habe die Spekulationen auf dem US-Immobilienmarkt angeheizt.

Die größte US-amerikanische Sparkasse Washington Mutual bekommt eine dringend benötigte 7-Mrd.-US-Dollar-Kapitalspritze.

Die US-Investmentbank Morgan Stanley sieht Licht am Ende des Tunnels.

Der IWF befürchtet als Folge der Krise Verluste von fast einer Billion US-Dollar. Der Währungsfonds sieht "kollektives Versagen" einer Reihe von Finanzinstitutionen.

Die Finanzmarktkrise könnte die US-Wirtschaft nach Ansicht der US-Notenbank in einen kräftigen Abwärtsstrudel ziehen.

9. April:

Die Deutschen sehen die Wirtschaftsentwicklung zusehends pessimistisch.

Abschreibungen in Milliarden-Höhe verhageln die Bilanz der norddeutschen HSH Nordbank.

Die internationale Finanzkrise ist noch nicht zu Ende, warnt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Hohe Abfertigungen für Bankmanager sind nach Ansicht des Chefs der deutschen Finanzaufsicht BaFin, Jochen Sanio, eine der Ursachen für die anhaltende Finanzkrise.

Die kleine Bremerhavener Weserbank ist pleite und muss als erste deutsche Bank in Folge der Finanzkrise ihre Schalter schließen. Experten rechnen mit weiteren Bankenpleiten.

Der IWF nimmt seine Wachstumsprognose für Österreich für 2008 von 2,5 auf 1,9 Prozent zurück.

Nach den Vorstellungen des Internationalen Bankenverbandes (IIF) sollen die von der Finanzmarktkrise erschütterten Finanzinstitute mit selbst auferlegten Regeln das Vertrauen in ihre Branche wiederherstellen und künftige Turbulenzen verhindern.

Die deutsche Finanzaufsicht fordert schärfere Regeln und Kontrollen für Ratingagenturen.

10. April:

Die Finanzkrise ist nach Ansicht des US-amerikanischen Börsengurus George Soros noch längst nicht ausgestanden. "Ich denke, die Situation ist ernster, als die Behörden zugeben oder erkennen".

Die Zentralbanken sind bereit, den Banken mit weiteren Finanzspritzen unter die Arme zu greifen, so EZB-Chef Jean-Claude Trichet. Die Krise sei noch lange nicht ausgestanden. Spielraum für Zinssenkungen sieht er wegen der Teuerung keinen.

Die US-Investmentbank Lehman Brothers schließt drei Investmentfonds.

11. April:

Die Finanzkrise belastet den RZB-Jahresgewinn 2007 mit 312 Mio. Euro. Im Vergleich zu anderen Banken komme man damit relativ unbeschadet aus der Krise, so die RZB.

Ein mangelhaftes Risikomanagement bei den großen westlichen Banken ist dem IWF zufolge ein Hauptgrund für die gegenwärtige Finanzkrise.

Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus fordert politische Konsequenzen aus der weltweiten Finanzkrise. Der Bankier aus Bangladesch warnt vor staatlichen Finanzspritzen für Krisenbanken.

Die japanische Großbank Mizuho Financial senkt zum dritten Mal ihre Gewinnprognose.

Die Finanzkrise neigt sich nach Auffassung von Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein wohl ihrem Ende zu, könnte aber auch noch in die "Verlängerung" gehen.

Die Schweizer Nationalbank (SNB) sieht bei der Bewältigung der Finanzkrise "kleine Lichtblicke".

"Alle Beteiligten sind munter geworden sind", sagt Finanzminister Wilhelm Molterer bei der Jahrestagung von Weltbank und IWF.

13. April:

Der IWF ruft zur engen Zusammenarbeit bei der Bewältigung der internationalen Finanzmarktkrise auf.

Mit besserer Aufsicht und mehr Transparenz wollen die sieben führenden Industriestaaten (G-7) die angeschlagenen Finanzmärkte stabilisieren und gegen künftige Krisen wappnen.

14. April:

Der IWF warnt vor allzu großem Optimismus, dass in der Finanzkrise bereits ein Wendepunkt erreicht sein könnte.

Der wichtigste chinesischer Aktienindex schließt fast sechs Prozent im Minus.

Der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt tritt zurück, nachdem die Landesbank (SachsenLB) in den Strudel der US-Hypothekenkrise geraten war und gerettet werden musste.

Die drei größten isländischen Banken Kaupthing, Glitnir und Landsbanki sind massiven Spekulationsangriffen von US-Hedgefonds ausgesetzt.

Die Hypothekenkrise verhagelt der viertgrößten US-Bank Wachovia überraschend deutlich die Bilanz.

Die Auswirkungen der Kreditkrise werden einer Studie zufolge noch in einem Jahrzehnt spürbar sein.

15. April:

Die nur knapp dem Zusammenbruch entgangene US-Investmentbank Bear Stearns muss einen Gewinneinbruch um 79 Prozent hinnehmen.

Trichet fordert von den Banken die schnellstmögliche Offenlegung ihrer Verluste.

Die Finanzkrise wird nach Einschätzung des Vorsitzenden der Euro-Finanzminister Jean-Claude Juncker bis weit in das kommende Jahr hinein andauern.

Die Verluste durch die Hypothekenkrise werden sich laut OECD auf 350 bis 420 Mrd. US-Dollar belaufen. Die vom IWF verbreitete Schätzung von einer Billion US-Dollar sei irreführend.

Das sechstgrößte US-amerikanische Geldinstitut U.S. Bancorp muss einen Gewinnrückgang hinnehmen.

Firmenpleiten und Privatinsolvenzen nahmen in den USA 2007 um 38 Prozent auf 850.912 zu. 2008 wird mit einem weiteren Anstieg gerechnet.

16. April:

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) fordert höhere Eigenmittel für bestimmte Finanzprodukte und bessere Überprüfungen.

Die US-Börsenaufsicht plant zusätzliche Vorschriften für Ratingagenturen.

In den USA hat sich die wirtschaftliche Entwicklung in weiten Teilen des Landes verlangsamt.

17. April:

Die EZB warnt erneut vor kräftigen Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie.

Führende deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute senken ihre Wachstumsprognose für Deutschland für 2008 von 2,2 auf 1,8 Prozent.

Europäische Finanzaufseher erwarten, dass die Bankenkrise nicht auf die Versicherungsbranche überspringt.

Die weltgrößte Investmentbank Merrill Lynch schreibt im ersten Quartal erneut einen Milliardenverlust von knapp 2 Mrd. US-Dollar.

Das FBI weitet seine Untersuchung im Zuge der US-Hypothekenkrise wegen Betrugstatbeständen auf nunmehr 19 US-Institute aus.

Die WTO sieht die Aussichten für den Welthandel deutlich getrübt.

18. April:

Das Wirtschaftswachstum in Japan schwächt sich laut der Bank of Japan ab.

Schweizer Großbanken sind laut einer Studie am stärksten von der US-Hypothekenkrise betroffen. Sie haben demnach im Schnitt rund 40 Prozent ihres Buchwertes abgeschrieben. Deutsche und US-Institute kommen auf 15 bis 20 Prozent.

19. April:

Ein Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems ist laut dem Ex-Konzernchefs der Credit Suisse (CS), Oswald Grübel, nur haarscharf vermieden worden. Als bisher kritischsten Moment bezeichnet er die Phase im März, als Bear Stearns mit Hilfe der US-Notenbank von JPMorgan übernommen wurde.

21. April:

Die negativen Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die österreichischen Banken dürften sich im ersten Quartal verstärkt haben, ab Anfang April habe sich die Lage wieder verbessert, so OeNB-Direktor Peter Zöllner.

22. April:

Eine weitere deutsche Bank ist in Schwierigkeiten geraten. Die Düsseldorfer Hypothekenbank wird verkauft.

Die Royal Bank of Scotland (RBS) kündigt Abschreibungen von bis zu 5,9 Mrd. Pfund an.

Die Credit Suisse streicht im Investmentbanking weitere 500 Stellen.

Der Euro klettert erstmals seit seiner Einführung über die Marke von 1,60 US-Dollar.

23. April:

Die Führung der Schweizer Großbank UBS räumt schwere Fehler ein. Verwaltungsratspräsident Marcel Ospel tritt ab.

Die Finanzkrise hat die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien (RLB NÖ-Wien) 2007 mit 26 Mio. Euro belastet.

Die US-Ratingagentur Moody's verbucht einen Gewinneinbruch.

24. April:

Die weltweite Finanzkrise belastet die österreichischen Banken laut FMA derzeit mit "maximal 1,5 Mrd. Euro". Bei den Versicherungen und Pensionskassen sei der Wertberichtigungsbedarf deutlich geringer.

Die Credit Suisse, zweitgrößte Schweizer Bank, muss 5,3 Mrd. Franken abschreiben.

Der deutsche Ifo-Geschäftsklima-Index fällt deutlich und stärker als befürchtet.

25. April:

"Die Finanzkrise kommt erst nach Europa", so der frühere slowenische Notenbankgouverneur Mitja Gaspari.

27. April:

Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz sieht einen großen Teil der Schuld für die Finanzkrise beim früheren Chef der US-Notenbank, Alan Greenspan. Auch US-Präsident George W. Bush habe eine falsche Politik betrieben.

28. April:

Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) spricht sich für die Einrichtung einer "Weltfinanzorganisation" nach dem Muster der WTO aus.

Die größte deutsche Landesbank LBBW rutscht in die roten Zahlen.

29. April:

Die Deutsche Bank muss 2,7 Mrd. Euro abschreiben und schreibt erstmals seit fünf Jahren rote Zahlen.

Die fehlgeschlagenen Engagements am US-Hypothekenmarkt reißen bei der deutschen Mittelstandsbank IKB tiefe Löcher in die Bilanz.

Der größte britische Hypothekenverleiher HBOS schreibt 2,8 Mrd. Pfund (3,57 Mrd. Euro) ab.

30. April:

Die Finanzkrise kostet die Erste Bank im ersten Quartal 108 Mio. Euro an Abwertungen.

Die EU-Kommission billigt den milliardenschweren Rettungsplan für die angeschlagene deutsche WestLB. Die Bank lagert Kreditrisiken von 23 Mrd. Euro in eine neue Zweckgesellschaft in Irland aus.

Die Häuserpreise in Großbritannien fallen erstmals seit zwölf Jahren wieder.

(Den 1. Teil der Chronologie inklusive Hintergründe versandte die APA am 3. März 2017 (APA0033), den 2. Teil am 13. April (APA0030), den 3. Teil am 2. Juni (APA0020), den 4. Teil am 28. Juli (APA0259, APA0284), den 5. Teil am 23. November (APA0033), der 6. Teil am 3. Dezember (APA0036) und der 7. Teil am 2. Februar 2018 (APA0033).) (Forts.) ggr/itz

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