19.08.2009 08:03:00

Milch als Dividende - ein Öko-Bauer vergibt Kuhaktien

    HAMBURG (dpa-AFX) Der niedrige Milchpreis treibt viele Bauern im Norden zur Verzweifelung und manchmal sogar zur Aufgabe ihrer Zucht. Auf dem Kattendorfer Hof (Kreis Segeberg) sieht es besser aus. Dort investiert Bauer <B5A.ETR> Mathias von Mirbach sogar in den Ausbau der Stallungen. "Kuhaktie" nennt sich die Idee, mit der er gemeinsam mit seinem Kollegen Klaus Tenthoff den ökologischen Betrieb mit 35 Kühen, Dutzenden Schweinen und Gemüseanbau auf Dauer sichern will.

    Statt bei der Bank um ein Darlehen zu bitten, verkaufen die beiden Landwirte Anteile an ihrer Herde im Wert von 100 oder 500 Euro. "Wir sind ein Pachtbetrieb, also mit Eigenkapital nicht reichlich ausgestattet und können der Bank keine Sicherheiten bieten", erklärt der 50 Jahre alte Bauer. Über 200 Aktien hat der Hof in den vergangenen vier Jahren bereits ausgegeben und erst eine zurückkaufen müssen. "Das Ziel war ganz klar Menschen mit dieser Landwirtschaft zu verbinden. Und für uns ist es ein super günstiger Kredit".

    Für das angelegte Kapital bekommen die Eigner eine Dividende von 2,5 Prozent in bar oder 5 Prozent in Lebensmitteln ausgezahlt. Auf dem Kattendorfer Hof entspricht das etwa einem Kilo Käse oder 20 Litern Milch, denn Discounterpreise gibt es hier nicht. "Ich stecke da viel Arbeit und Herzblut rein und ich will vernünftig entlohnt werden", sagt von Mirbach. Während der Liter Milch bei ihm 1,25 Euro kostet, bekommen andere Milchbauern lediglich 20 Cent. "Das Hauptproblem ist der Preis.

    In Kattendorf konnten die Pächter dank der Kapitaleinlage in den Ausbau des Hofes investieren. "Wir haben die Fressgitter verbessert, neue Gatter gekauft und dadurch für die Tiere und für uns sehr viel bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen geschaffen", sagt von Mirbach und zeigt stolz auf die nagelneu glänzende Stallanlage. 50 Kühe sollen hier zukünftig gemolken werden in ganz Schleswig-Holstein sind es 350 000. Jede Kuh gebe im Jahr 7 000 Liter Milch, die in Molkereien verarbeitet werde, sagt Dahmke. Für von Mirbach kommt die Produktion für eine Molkerei nicht infrage. "Ich möchte nicht, das andere entscheiden, was ich an Geld bekomme dafür", sagt der Öko- Bauer. Anders als die 5 000 Großbetriebe verkauft er deshalb seine 35 verschiedenen Molkereiprodukte direkt auf dem Hof. Alle tagen das Demeter-Siegel für biologisches Wirtschaften.

    Ein Bürojob in Anzug und Krawatte wäre für sportlich, schlanke Landwirt eine Qual, verrät er. Doch wie der Chef eines Großunternehmens schreibt er nun jedes Jahr einen Geschäftsbericht. "Darin erzähle ich den Menschen, was in ihrer Herde das Jahr über passiert ist, was wir planen und was wir verwirklicht haben und versuche sie teilhaben zu lassen." Dahmke vom Bauernverband findet die Idee mit der innovativen Anlageform zwar gut, "aber 350 000 Patenschaften für ganz Schleswig- Holstein, das ginge nicht. Außerdem liegt die Selbstversorgung ja nur bei 42 Prozent". Der Rest der Milch werde exportiert, auch ins europäische Ausland.

    Öko-Bauer von Mirbach legt Wert darauf, seine Kunden zu kennen. "Ich möchte wissen, für wen ich das tue", und fügt hinzu: "Das ist vielleicht eine sehr elitäre Haltung, aber ich nehme mir diese Freiheit". Er wünscht sich ein Umdenken bei den Verbrauchern. "Die Entscheidung über die Landwirtschaft wird an der Kasse getroffen. Warum nicht Fair Trade auch für die eigenen Bauern?", fragt er und streicht der dienstältesten Milchkuh Dolly über den Hals. Ab Oktober will der Landwirt seine Milch auch mitten in Hamburg in einem eigenen Hofladen anbieten./ho/DP/tw

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