FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 31. Juli 2009. Was Anleihen angeht, fahren Privatanleger in diesem Jahr anscheinend nicht in den Urlaub. Diesen Eindruck hat zumindest Rainer Petz, der für die Close Brothers Seydler Bank Anleihen an der Börse Frankfurt betreut. "Die Sommermonate waren die vergangenen Jahre immer schwach, das ist jetzt anders."

Auch die Skontroführer von Equinet bestätigen: "Die Umsätze haben sich gegenüber der vergangenen Woche sogar noch etwas belebt".

Anders sieht das beim institutionellen Geschäft aus, beobachtet Daniel Förtsch von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank, in dem sich saisonale Ruhe anbahne.

Als alle schon mit einem Ende der neuntägigen Aktienrallye gerechnet hätten, habe  die Bekanntgabe der Verkaufszahlen bestehender Häuser in den USA erneut die Notierungen beflügelt und die Renten auf Talfahrt geschickt, fasst Klaus Stopp von der Baader Bank die Woche am Rentenmarkt zusammen. "Die Hausse nährt die Hausse und aus diesem Grund kommt es im Rentenbereich zu Gewinnmitnahmen und Umschichtungen in Corporate Bonds." Negative Unternehmensmeldungen wie der Milliarden-Quartalsverlust bei Morgan Stanley oder der Gewinneinbruch bei Microsoft seien nur sehr kurzzeitig marktbewegend gewesen.

Nach Stopps Ansicht solle aber keiner glauben, die Krise wäre vorüber. Insbesondere stelle sich die Frage nach der Entwicklung der langfristigen Zinsen. Da die Finanzmärkte aktuell fest mit einer konjunkturellen Erholung in den USA rechneten, werde es spannend, wie die "geldpolitische Exit-Strategie" der Fed aussehe. "Dabei geht es insbesondere darum zu verhindern, dass am Kapitalmarkt höhere Inflationserwartungen aufkommen. Dies hätte für die Refinanzierung der Defizite fatale Folgen."

Staatsanleihen: Peripherie boomt

In den USA hat sich die Zinsstruktur der Staatsanleihen weiter verflacht. Am kurzen Ende konnte die freundliche Stimmung an den Aktienmärkten ihre Wirkung entfalten, begründeten die Rentenanalysten der HSH Nordbank die Entwicklung. "Die längeren Laufzeiten profitieren von der erfolgreichen Auktion siebenjähriger T-Notes." Indirekte Bieter hätten 62 Prozent in ihre Bücher genommen, was für ein hohes Interesse der ausländischen Notenbanken stehe. Und die UBS erinnert daran, dass bei den vorherigen Emissionen von zwei- und fünfjährigen US-Treasuries dieses Interesse etwa halb so groß gewesen wäre.

Besonders europäische Staatsanleihen aus der so genannten Peripherie würden derzeit gesucht, wie die Rentenhändler der UBS berichten. Eine zehnjährige Staatsanleihe Griechenlands beispielsweise habe um 10 Basispunkte zugelegt. "Insgesamt standen Staatsanleihen im fünfjährigen Segment eher auf der Verkaufsagenda, Papiere mit Restlaufzeiten von 10 bis 20 Jahren waren hingegen gesucht."

Eine Neuemission Ungarns scheint sehr beliebt zu sein, bemerkt Rainer Petz von der Close Brothers Bank (WKN A1AKHZ). Das in dieser Woche begebene Papier läuft bis 2014, rentiert bei 5,99 Prozent und kostet gut 103 Prozent. Mindestanlagesumme und Stückelung liegen bei 1.000 Euro.

Marktindikatoren

Insgesamt ist die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen auf 3,61 Prozent gesunken, die der 30-jährigen liegt bei 4,42 Prozent. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren bei 3,41 Prozent, 30-jährige bei 4,12 Prozent.

Der Bund-Future hat nach Ansicht der HSH Nordbank mit der Aufwärtsbewegung vom Donnerstag den Widerstandsbereich bei 121,15 Punkten hinter sich gelassen und damit auch den kurzfristigen Abwärtstrend gebrochen. Nun kommen als nächste Marke 121,88  Punkte in Sicht. Derzeit steht das Barometer für die langfristige Zinserwartung bei 121,38 Punkten.

Jumbo-ETFs im Zuge der EZB-Ankäufe begehrt

Relativ ruhig ist dagegen der Handel mit Renten-ETFs. Rege gekauft würde aber ein ETF mit Jumbopfandbriefen, der iShares eb.rexx Jumbo Pfandbriefe (DE) (WKN 263526), berichtet Markus Rothe von der HypoVereinsbank, der als Market Maker Renten-ETFs betreut. Seiner Ansicht nach wollen sich Investoren im Vorfeld der zu erwarteten EZB-Käufe eindecken.

Medienberichten zufolge hat die Europäische Zentralbank (EZB) gemeinsam mit den anderen Zentralbanken der Eurozone in den vergangenen Tagen die Ankäufe von Pfandbriefen und anderen gedeckten Schuldverschreibungen weiter gesteigert. Im Juni war beschlossen worden, bis zum 30. Juni 2010 für insgesamt 60 Milliarden Euro solche gedeckten Anleihen zu kaufen. Auf diesem Wege wollen die Zentralbanken die Vergabe neuer Kredite an die Wirtschaft stimulieren. Im Zuge der Maßnahmen hat den Berichten zufolge nicht nur der Handel am Anleihenmarkt angezogen, sondern auch die Emissionstätigkeit der Banken.

Starkes Interesse an Corporate Bonds

Privatanleger befassen sich weiterhin intensiv mit Unternehmensanleihen. Die größten Umsätze dieser Anlegergruppe fallen nach wie vor auf Autoanleihen, bringt es Daniel Förtsch auf den Punkt. Eine Neuemission von Fiat findet trotz einer Stückelung von 50.000 Euro reißenden Absatz. Das Anfang der Woche emittierte Papier läuft bis 2012, hat einen Kupon von 9 Prozent und rentiert bei 7,39 Prozent. Zahlen müssen Anleger für die Anleihe 104,5 Prozent.

Eine Porsche-Anleihe, die bis 2016 laufe, werde rege gehandelt (WKN A0GMHG), ergänzt die Skontroführerin von Hellwig. Insgesamt konzentrierten sich Anleger auf Laufzeiten bis 2014, 2015 oder 2016.

Aber auch Anleihen anderer Branchen finden natürlich Beachtung. Dirk Ahrens von der Baader Bank beobachtet vor allem starke Nachfrage nach Anleihen der DAX-Unternehmen. Gesucht sei beispielsweise eine Anleihe der Lufthansa, die bis 2016 läuft und eine Rendite von 5,55 Prozent vorweist (WKN A0Z15N). Ebenfalls rege gehandelt werden zwei Anleihen von Thyssen (WKNs A0T61K, A0A3K7). In dem Papier, das bis 2013 läuft, habe sich der Spread gegenüber Bundesanleihen allein in dieser Woche um 50 Basispunkte verringert.

Auch in einer Telekom-Anleihe sind erhöhte Umsätze zu verzeichnen (WKN A0T5X0). Die Anleihe läuft bis 2017, rentiert bei 4,14 Prozent und kostet bereits 110 Prozent.

Ahrens zufolge steige die Bereitschaft risikobewusster Anleger, in renditeträchtige Anleihen aus dem Ausland einzusteigen. Beispielsweise eine Emission der niederländischen KPN finde reges Interesse (WKN A0T6D1). Die Anleihe läuft bis 2019 und hat eine Rendite von 5,17 Prozent - und ist für 119 Prozent zu haben.

Eine Anleihe der Citigroup stößt vorbörslich auf Nachfrage (WKN A1AK0A), wie Rainer Petz weiß. Sie läuft bis 2019 und der Kupon beträgt 7,375 Prozent. Das Papier wird in der nächsten Woche auch an der Börse Frankfurt gehandelt.

Bereits jetzt zu haben ist ein Papier von der Eurohypo (WKN 542376). Der nachrangige Floater hat eine unbegrenzte Laufzeit, kann aber zum 23 Mai 2013 vom Emittenten gekündigt werden. Bis zu diesem Datum liegt die Verzinsung bei 6,445 Prozent, danach entspricht der Kupon dem Dreimonats-Euribor plus 0,367 Prozent bei vierteljährlicher Zinszahlung. Die zuständige Skontroführerin von Hellwig beobachtet viele Aufträge mit kleinen Beträgen in dem Papier.

Insgesamt seien nachrangige Anleihen vom Typ Tier1 und Tier2 derzeit gefragt, die Notierungen hätten einen Sprung nach oben gemacht, bemerkt Daniel Förtsch.

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© 31. Juli 2009/Edda Vogt

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)