07.05.2015 23:12:37
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Westfalen-Blatt: zum 8. Mai 1945
»Irgendwann muss aber auch mal Schluss sein mit der Vergangenheitsbewältigung.«
»Was haben wir denn heute überhaupt noch mit Hitler und den Nazis zu tun?«
Denken Sie manchmal so oder ähnlich? Dann denken Sie nach - denken Sie neu nach! Heute ist ein guter, heute ist ein passender Tag dafür. Heute vor 70 Jahre kapitulierte Nazi-Deutschland. Heute vor 70 Jahren haben Russen und Amerikaner, haben Franzosen und Briten unser Land nicht nur besiegt, sondern sie haben es vor allem befreit. Und allein damit das Glück unserer Zeit begründet! Es hat lange gedauert, bis dieser 8. Mai 1945 in Deutschland als ein Tag der Befreiung gesehen wurde. In der »Stunde Null«, die es vielerorts so gar nicht gab, folgte das Leben lange anderen Gesetzmäßigkeiten. Als die Waffen endlich schwiegen, ging es für viele nämlich erst einmal nur um eines: zu überleben. Und später? Verdrängen, verleugnen, verschweigen, vergessen wollen. All das mag man verachten. Aber nur, wer sich sicher ist, selbst über jede Schwäche, über jeden Fehler - ja, über jeden moralischen Zweifel erhaben zu sein, hat das Recht, über die Kriegsgeneration, über ihre Taten und ihr Unterlassen zu urteilen. Und damit zu verurteilen! Es ist leicht, als Angehöriger einer Generation, die in Frieden und Freiheit und - ja, auch - vergleichweise großem Wohlstand aufgewachsen ist, von Moral und Anstand zu reden. Dabei frage ich mich: Was hätte ich wohl damals getan? Wie mutig wäre ich gewesen? Und was bedeutet das für mein Leben, für unsere Gegenwart und unsere Zukunft? Diese Fragen immer neu zu stellen, ist unsere Pflicht - auch und gerade 70 Jahre nach dem monströsesten Verbrechen, das je von Deutschland seinen Ausgang genommen hat, das je von Deutschen verübt worden ist. Ein Massenmord beispiellosen Ausmaßes, kühl geplant und industriell ausgeführt. Jahre unvorstellbarer Grausamkeiten - Entbehrung, Entwürdigung, Entmenschlichung allerorten. All das ist geschehen, all das war menschengemacht. Je nach eigenem Alter: von uns, von unseren Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern. Und all das kann wieder passieren. Kann passieren, wenn wir die Geschichte vergessen. Wenn unsere Lehre wäre, dass wir nichts mehr zu lernen hätten. Nein, die Aufarbeitung des Zweiten Weltkrieges und der Shoa ist nicht zu Ende - sie kann an kein Ende kommen. Wir tun gut daran, den letzten Zeitzeugen zuzuhören, solange sie noch mit uns sprechen können. Sie haben uns viel zu sagen. Mitunter unerträglich viel! Und wir tun gut daran, auch in unseren Kindern und Kindeskindern wachzurufen und wachzuhalten, was geschehen ist. Wir Deutsche haben allen Grund dazu.
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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Chef vom Dienst Nachrichten Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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