11.05.2014 19:29:58
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Westdeutsche Zeitung: Atomenergie = von Peter Lausmann
Düsseldorf (ots) - Wenige Tage vor Kommunal- und Europawahl ist
das politische Restrisiko geringer, wenn sich Bundesumweltministerin
Barbara Hendricks gegen Vorschläge der Atomindustrie stellt. Aber
auch fachlich spricht vieles dafür, dem Vorschlag der Energieriesen
mit Skepsis zu begegnen. Über Jahrzehnte waren die Atomkraftwerke die
Goldesel der Versorger. Nuklearstrom kostete in der Erzeugung knapp
die Hälfte im Vergleich zu konventionellen Energien, den Preis für
die Verbraucher dämpfte das laut Studien allerdings kaum. Jeweils am
Quartalsende sorgten die Margen für Milliardengewinne. Das Schicksal
der strahlenden Altlasten war nie mit einkalkuliert. Doch nach der
Katastrophe in Fukushima und der Energiewende sind die Meiler zum
Klotz am Bein der Konzerne geworden. Fast reflexartig kommt der Ruf
nach dem Staat - als hätte es die fetten Jahre nie gegeben. Das
müffelt nach der Strategie mancher Banken in der Krise: Gewinne
privatisieren, Risiken verstaatlichen. Natürlich muss ein Unternehmen
versuchen, finanzielle Risiken für die Zukunft zu minimieren - für
den Staat gilt das aber nicht minder. Denn nichts anderes ist die
Atomenergie: eine hochriskante Finanzwette. Ein zunehmend toxisches
Papier, das die Konzerne nun loswerden wollen. Das wird bereits an
den groben Zahlen deutlich. 30 Milliarden Euro wollen die drei
Versorger in die Abwicklungsstiftung einbringen, wobei zumindest bei
RWE nicht einmal klar ist, ob der schwächelnde Konzern das Geld
überhaupt so schnell aufbringen kann. Auf der anderen Seite stehen
neun noch aktive Meiler, acht stillgelegte sowie neun weitere, die im
Rückbau sind. Allein in Mülheim-Kärlich, das bis 1988 nur 30 Monate
am Netz war, liegen die Kosten dafür bei mehr als 750 Millionen Euro,
der Rückbau dauert noch immer an. In der Summe wird das Geld schnell
verbraucht sein und unklar ist, welche Risiken in den kommenden
Jahren zusätzlich auftauchen. Völlig offen ist zudem die heiß
diskutierte Frage der Endlagerung, sowohl in Bezug auf den Standort
als auch auf die Kosten. Solange in all diesen Fragen keine
Gewissheit herrscht, dürfen sich die Firmen nicht aus der
Verantwortung freikaufen. Die Devise der Regierung muss lauten:
Keiner verlässt das Schiff!
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