17.07.2009 17:31:00

DGAP-WpÜG: Pflichtangebot

DGAP-WpÜG: Befreiung;



Zielgesellschaft: Hamborner AG; Bieter: Freie und Hansestadt Hamburg, das Land Schleswig-Holstein sowie die HSH Finanzfonds AöR

WpÜG-Meldung übermittelt durch die DGAP - ein Unternehmen der EquityStory AG. Für den Inhalt der Meldung ist der Bieter verantwortlich. ------------------------------------------------------------------------------

Veröffentlichung über die Erteilung einer Befreiung der nachfolgend aufgeführten Kontrollerwerber von der Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots für Aktien der Hamborner Aktiengesellschaft, Duisburg

Mit Bescheid vom 15. Juli 2009 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) folgende Antragsteller im Hinblick auf die am 25. Juni 2009 erfolgte Kontrollerlangung über die Hamborner Aktiengesellschaft, Duisburg, von der Verpflichtung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die Kontrollerlangung an der Hamborner AG zu veröffentlichen, sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der BaFin eine Angebotunterlage für ein Pflichtangebot an die Aktionäre der Hamborner AG zu übermitteln und eine solche Angebotsunterlage zu veröffentlichen, befreit:

1. Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Finanzbehörde, Gänsemarkt 36, 20354 Hamburg

- Antragstellerin zu 1.) -

2. Land Schleswig-Holstein, vertreten durch das Finanzministerium, Düsternbrooker Weg 64, 24105 Kiel

- Antragsteller zu 2.) -

3. HSH Finanzfonds AöR, Besenbinderhof 37, 20097 Hamburg

- Antragstellerin zu 3.) -

- zusammen: 'die Antragsteller' -

Die Befreiung beruht im Wesentlichen auf folgenden im Befreiungsbescheid näher dargelegten Gründen:

1. Unter Berücksichtigung der Interessen der Antragsteller sowie der Interessen der außenstehenden Aktionäre der Zielgesellschaft ist es vorliegend gerechtfertigt, die Antragsteller gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG i.V.m. § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebotsVO von den Pflichten des § 35 WpÜG zu befreien.

1.1 Die Antragsteller haben am 25. Juni 2009 die Kontrolle an der Hamborner AG i.S.d. § 29 Abs. 2 WpÜG erlangt. Ihnen sind die Stimmrechte aus den unmittelbar von der HSH Beteiligungen gehaltenen 11.457.519 Stückaktien der Hamborner AG (entspricht einer Stimmrechtsbeteiligung in Höhe von ca. 50.32%) sowie aus den unmittelbar von der HSH Real Estate AG gehaltenen 545.645 Stückaktien der Hamborner AG (entspricht einer Stimmrechtsbeteiligung in Höhe von ca. 2,4%) gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1, Nr. 1, Satz 3 WpÜG zuzurechnen, weil sowohl die HSH Beteiligungen als auch die HSH Real Estate AG - über die HSH - als ihre (mittelbaren) Tochterunternehmen i.S.d. § 2 Abs. 6 WpÜG einzuordnen sind. Tochterunternehmen i.S.d. § 2 Abs. 6 WpÜG sind Unternehmen, die als Tochterunternehmen i.S.d. § 290 HGB gelten oder auf die ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann, ohne dass es auf die Rechtsform oder den Sitz ankommt. Für das Merkmal der Ausübung eines beherrschenden Einflusses sind ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 6 WpÜG die zu § 17 Abs. 1 AktG entwickelten Grundsätze heranzuziehen (BT-Drs. 14/7034, S. 35).

1.1.1 Die HSH Beteiligungen und die HSH Real Estate AG sind zunächst als Tochterunternehmen der HSH einzuordnen. Für die HSH Real Estate AG ergibt sich die unmittelbare Einordnung als Tochterunternehmen der HSH aufgrund von deren Mehrheitsbeteiligung gemäß § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB und § 17 Abs. 1, Abs. 2 AktG. Ebenfalls aufgrund der bestehenden Mehrheitsbeteiligung der HSH Real Estate AG an der HSH Beteiligungen ist diese als deren unmittelbares und gemäß § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 HGB und §§ 17 Abs. 1, Abs. 2, 16 Abs. 4 AktG als mittelbares Tochterunternehmen der HSH einzuordnen.

1.1.2 Mit Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister, mit der das Grundkapital der HSH von 881.226.310 Euro um 1.578.947.370 Euro auf 2.460.173.680 Euro erhöht wurde, hat die Antragstellerin zu 3.) 157.894.737 Aktien (von insgesamt 246.017.368 Aktien) der HSH erlangt und hält damit eine Beteiligung in Höhe von 64,18% an der HSH. Damit ist die HSH unmittelbar gemäß § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB und § 17 Abs. 1, Abs. 2 AktG zum Tochterunternehmen der Antragstellerin zu 3.) geworden, die HSH Real Estate AG und die HSH Beteiligungen sind ihr somit entsprechend den Ausführungen unter 1.1.1 als mittelbare Tochterunternehmen zuzuordnen.

1.1.3 Die Antragstellerin zu 3.) ist ihrerseits als gemeinsames Tochterunternehmen der Antragstellerin zu 1.) und des Antragstellers zu 2.) i.S.d. § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 17 Abs. 1 AktG einzuordnen, so dass ihnen ebenfalls mit dem Erwerb der Mehrheitsbeteiligung an der HSH gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 WpÜG die Stimmrechte aus den von den (mittelbaren) Tochterunternehmen HSH Real Estate AG und HSH Beteiligungen gehaltenen Aktien der Hamborner AG zuzurechnen sind. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Abhängigkeit eines Unternehmens von mehreren anderen Unternehmen anzunehmen, wenn diese im Verhältnis zum abhängigen Unternehmen als Einheit und damit als herrschend i.S.d. § 17 Abs. 1 AktG zu betrachten sind (sog. Mehrmütterherrschaft). Die Ausübung gemeinsamer Herrschaft muss dabei auf eine gesicherte Grundlage gestellt sein; neben vertraglichen bzw. organisatorischen Bindungen kommen dabei auch rechtliche und tatsächliche Umstände sonstiger Art in Betracht (BGHZ 62, 193ff.).

Aufgrund der Regelungen im Staatsvertrag, mit dem die Antragstellerin zu 3.) gegründet wurde, ist deren einheitliche Leitung durch die Antragstellerin zu 1.) und den Antragsteller zu 2.) anzunehmen. Im Hinblick auf die Bestellungsrechte sowohl in Bezug auf die Anstaltsträgerversammlung als auch auf die Geschäftsführung ist ein beherrschender Einfluss auf die Geschäfts- und Personalpolitik der Antragstellerin zu 3.) durch die Antragstellerin zu 1.) und den Antragteller zu 2.) zu bejahen.

Die Einheitlichkeit des Handelns der Anstaltsträgerversammlung und damit im Ergebnis auch der Antragstellerin zu 1.) und des Antragstellers zu 2.) ist dabei durch die Regelung in § 6 Abs. 6 des Staatsvertrags festgelegt ('Einstimmigkeitserfordernis'). Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Staatsvertrag stellt dabei eine rechtlich gesicherte Grundlage für die gemeinsame Beherrschung der Antragstellerin zu 3.) dar. Verfestigt wird diese Einflussmöglichkeit zusätzlich durch die mit der Fachaufsicht verbundene Weisungskompetenz in Bezug auf die Antragstellerin zu 3.), die die Antragstellerin zu 1.) und der Antragsteller zu 2.) ebenfalls im Ergebnis nur einheitlich ausüben können.

1.2 Bei dieser Situation der mittelbaren Kontrollerlangung an der Hamborner AG durch die Antragsteller handelt es sich um eine in § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebotsVO umschriebene Konstellation, in der ein Antragsteller nach der gesetzgeberischen Wertung befreiungswürdig ist, wenn der Buchwert der Beteiligung and der Zielgesellschaft weniger als 20% des buchmäßigen Aktivvermögens der Zwischengesellschaft beträgt. In einer typisierten Betrachtung wird davon ausgegangen, dass die 'Zielgesellschaft' in derartigen Fällen regelmäßig nicht das eigentliche Ziel des Erwerbs, sondern lediglich dessen mittelbare Folge ist, weil der Wert der Zielgesellschaft gegenüber dem Gesamtwert der Zwischengesellschaft wirtschaftlich in den Hintergrund tritt.

Auch wenn nach dem Wortlaut des § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebotsVO die (unmittelbare) 'Erlangung der Kontrolle über eine Gesellschaft' dem mittelbaren Kontrollerwerb vorausgeht, ist mit dieser unmittelbaren 'Erlangung der Kontrolle' nach der Praxis der BaFin kein übernahmerechtlicher Kontrollerwerb gemeint. Ausreichend und erforderlich ist vielmehr ein Erwerb, der - wie im vorliegenden Fall - eine Tochterunternehmenseigenschaft der unmittelbar erworbenen Gesellschaft begründet und mithin die Zurechnung der Stimmrechte aus den Aktien der Zielgesellschaft nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WpÜG zum Antragsteller zur Folge hat.

Zu berücksichtigen sind für das Aktivvermögen dabei die in § 266 Abs. 2 HGB unter den Abschnitten A. und B. genannten Positionen, nicht hingegen die Rechnungsabgrenzungsposten gemäß Abschnitt C und Bilanzierungshilfen, da diese keine Vermögensgegenstände darstellen. Das relevante Aktivvermögen der HSH (ohne Rechnungsabgrenzungsposten und Steuerabgrenzungsposten) beträgt damit zum 31. Dezember 2008 ca. 211.483.689 Tausend Euro.

Vorliegend ergibt sich jedoch die Besonderheit, dass die erworbene Zwischengesellschaft (HSH) selbst nur mittelbar über zwei weitere Untergesellschaften (hier die HSH Real Estate AG und die HSH Beteiligungen) an der Zielgesellschaft Hamborner AG beteiligt ist. In dieser Sondersituation ist vor dem oben dargestellten Befreiungszweck, den der Verordnungsgeber mit der Regelung des § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebostVO verfolgt, ein Abstellen auf die Höhe des Buchwertes der Beteiligung der Gesellschaft (HSH) an der Zielgesellschaft (Hamborner AG) direkt nicht möglich, weil die Zielgesellschaft in diesem Fall nicht bei der unmittelbar erworbenen Gesellschaft bilanziert wird.

Vor dem Hintergrund, dass der Antragteller dann befreit werden soll, wenn das eigentliche Ziel des Erwerbs nicht die Kontrollerlangung an der Zielgesellschaft (Hamborner AG) sondern and er Gesellschaft (HSH) darstellt, ist es jedenfalls in dieser Sondersituation sachgerecht, die in § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebotsVO angelegte typisierte Wertung dann als einschlägig zu sehen, wenn der Buchwert, den die Zielgesellschaft (hier Hamborner AG) bei den Untergesellschaften (HSH Real Estate AG und die HSH Beteiligungen) hat, ins Verhältnis zum Aktivvermögen der Zwischengesellschaft (hier HSH) gesetzt wird und dieser Wert unterhalb der 20%-Schwelle liegt.

Ausgehend von diesem Grundsatz entspricht der Buchwert der Beteiligungen an der Hamborner AG mit insgesamt 127.807.933,55 Euro ca. 0,06% des Aktivvermögens der HSH und liegt damit weit unterhalb der nach § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebotsVO relevanten 20%-Schwelle.

1.3 Es sind vorliegend auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, nach denen die Antragsteller trotz des Unterschreitens der 20%- Schwelle ein besonderes Interesse am Erwerb einer Kontrollbeteiligung an der Hamborner AG verfolgen würden. Gegen ein derartiges Interesse spricht schon die Tatsache, dass die vom Verordnungsgeber vorgenommene Einschätzung, nach der die Buchwertbeteiligung für die Annahme eines fehlenden Interesses des Antragstellers unter 20% des Aktivvermögens der erworbenen Gesellschaft liegen muss, vorliegend mit der festgestellten Buchwertbeteiligung von 0,06% in erheblichem Maß unterschritten wird, wirtschaftlich also von sehr geringer Bedeutung ist. Zudem steht die Bedeutung der Zielsetzung der Antragsteller, als Anteilseigner die HSH bei der Einhaltung der Eigenkapitalanforderungen zu unterstützen, vorliegend außer Zweifel. Die Kapitalerhöhung soll der Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen und der Auflagen, die der SoFFin mit den der HSH zur Verfügung gestellten Garantien verbunden hat, dienen. Ein Interesse an dem damit verbundenen Erwerb der Kontrollbeteiligung an der Hamborner AG ist dabei nicht ersichtlich.

1.4 Die Interessen der Antragsteller an der Vermeidung des zeit- und kostenintensiven Pflichtangebotverfahrens überwiegen hier die Interessen der außenstehenden Aktionäre an der Abgabe des Pflichtangebotes. Aus dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Satz 2 Nr. 3 WpÜG-AngebotsVO ist ein besonderes Gewicht der Interessen der Antragsteller zu folgern, der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber hat insoweit die Interessenabwägung in Teilen antizipiert. Im Rahmen der Ermessensabwägung lassen sich zudem keine Anhaltspunkte feststellen, die es rechtfertigen würden , den Antragstellern die beantragte Befreiung zu versagen.

Ende der WpÜG-Meldung (c)DGAP 17.07.2009 --------------------------------------------------------------------------- Notiert: Regulierter Markt in Frankfurt (Prime Standard), Berlin, Düsseldorf, Hamburg, München und Stuttgart

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