28.06.2015 16:55:45

Analystenmeinung - EZB drängt Griechenland in Richtung Kapitalkontrollen

   --Zentralbank erhöht ELA-Notkredite für Griechenland nicht weiter

   --Experten rechnen mit Einführung von Kapitalverkehrskontrollen

   --Finanzminister Varoufakis spricht sich aber öffentlich dagegen aus

   (NEU: Experten zu Kapitalverkehrskontrollen, Varoufakis)

   Von Hans Bentzien und Christian Grimm

   FRANKFURT (Dow Jones)--Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Notkreditrahmen für griechische Banken nicht weiter erhöht. Damit drängen die Währungshüter die griechische Regierung nach Einschätzung von Volkswirten internationaler Großbanken zur Einführung von Kapitalverkehrskontrollen.

   Wie die Notenbank am Sonntagnachmittag mitteilte, hielt der EZB-Rat das Niveau der Emergency Liquidity Assistance (ELA) auf dem am Freitag erreichten Niveau. Damit werden die griechischen Banken von der Zufuhr frischer Liquidität abgeschnitten. Allerdings will die EZB in Kooperation mit der griechischen Zentralbank für die Aufrechterhaltung der Finanzstabilität sorgen. "Kapitalverkehrskontrollen sind jetzt unserer Grundannahme", sagte Daniele Antonucci, Analystin bei Morgan Stanley.

   Wie aus der EZB-Mitteilung von Sonntag hervor geht, sah sie nach den jüngsten Ereignissen keine Möglichkeit mehr, die Notkreditversorgung erneut auszuweiten. Angesichts der gegenwärtigen Umstände habe der Rat beschlossen, den Notkreditrahmen auf dem am Freitag erreichten Niveau zu halten, hieß es. Und weiter: "Der EZB-Rat ist bereit, diese Entscheidung zu überdenken."

   Nach der Entscheidung der griechischen Behörden, ein Referendum abzuhalten, und angesichts der Nicht-Verlängerung des EU-Anpassungsprogramms für Griechenland werde der EZB-Rat eng mit der griechischen Zentralbank zur Bewahrung der Finanzstabilität kooperieren.

   Nach Einschätzung von Morgan-Stanley-Analystin Antonucci sind Kapitalverkehrsbeschränkungen in zwei Varianten denkbar: Einerseits über ein von der Regierung beschlossenes Gesetz, andererseits als bankaufsichtliche Beschränkung von Kontoabhebungen. Nach Aussagen von Finanzminister Yanis Varoufakis in einem BBC-Interview wird aber auch erwogen, die Banken erstmal nur am Montag geschlossen zu halten. Das würde dem Finanzsystem etwas Luft verschaffen.

   Gegen eine Beschneidung des freien Kapitalverkehrs über längere Zeit sprach er sich dagegen via Twitter deutlich aus. "In einer Währungsunion sind Kapitalverkehrskontrollen ein Widerspruch in sich. Die griechische Regierung stellt sich gegen dieses Konzept", schrieb Varoufakis.

   Zur bankaufsichtlichen Variante: Die EZB als Noch-Aufseherin der griechischen Banken könnte auch das beinahe komplette Einfrieren der Einlagen verhängen. Diese Befugnis hat laut Antonucci auch die Zentralbank Griechenlands. Das Einfrieren der Einlagen könnte später um eine extreme Beschränkung von Auslandsüberweisungen ergänzt werden, die dann aber als Kapitalverkehrskontrollen tatsächlich vom Parlament beschlossen werden müssten.

   Trotz Varoufakis' Opposition rechnet auch der Chefvolkswirt von UniCredit damit, dass Kontoinhaber schon ab Montag nicht mehr frei über ihre Guthaben verfügen können. "Ich schließe daraus (aus den Ereignissen), dass Kapitalverkehrskontrollen verhängt sind, bevor morgen die Märkte öffnen", urteilte Erik F. Nielsen.

   EZB-Präsident Mario Draghi wird in der Erklärung mit den Worten zitiert, der EZB-Rat begrüße sehr das Bekenntnis der Eurozonen-Länder, sich um die Schwachstellen der Volkswirtschaften zu kümmern. Der Gouverneur der griechischen Notenbank, Yannis Stournaras, sagte: "Die griechische Notenbank wird als Teil des Eurosystems die notwendigen Maßnahmen ergreifen, damit die für die griechischen Bürger in diesen schwierigen Zeiten notwendige Finanzstabilität gewährleistet ist."

   Nach Aussage der EZB beobachtet der EZB-Rat die Lage an den Finanzmärkten und deren Implikationen für die geldpolitische Ausrichtung und die Risiken für die Preisentwicklung genau. "Der EZB-Rat ist entschlossen, alle zur Erfüllung seines Mandats verfügbaren Instrumente einzusetzen."

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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   June 28, 2015 10:25 ET (14:25 GMT)

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