08.10.2014 21:12:58
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Kobane
Bielefeld (ots) - Viele Kurden in Europa sind verzweifelt.
Machtlos müssen sie zuschauen, wie die Barbaren des sogenannten
»Islamischen Staats« (IS) in die Stadt Kobane einrücken. Es bedarf
keiner Fantasie, sich vorzustellen, wie es den verbliebenen Kurden
und Nicht-Sunniten dort ergeht. Die islamistischen Terroristen machen
keine Gefangenen. Schon in anderen Ortschaften gingen sie von Haus zu
Haus und fragten selbst die Kinder, ob sie fortan ihren Gott
verneinen und sich dem orthodoxen Islam anschließen wollten. Wer
erschreckt den Kopf schüttelte, wurde auf der Stelle und vor den
Augen der Eltern getötet. Diese Barbareien sind auch den Türken
bekannt. Die türkische Armee hat die Mittel und könnte
kriegsentscheidend eingreifen, ja sie steht sogar Gewehr bei Fuß in
Sichtweite von Kobane. Aber weil sie es nicht tut und sogar Kurden
daran hindert, ihren Landsleuten zu Hilfe zu eilen, wächst die
Verzweiflung. Kobane droht ein kurdisches Srebrenica zu werden. Das
treibt die Kurden nicht nur in der Türkei auf die Straße. Auch in
Deutschland, besonders in Hamburg, kam es zu Ausschreitungen.
Verzweiflung kennt keine Grenzen. Über die Motive Ankaras, dem
barbarischen Treiben der Islamisten zuzuschauen, braucht nicht viel
gerätselt werden. Erdogan treibt sein Machtspiel über Leichen hinweg.
Er will einen möglichen Kurdenstaat so klein wie möglich halten und
den Kurden zeigen, dass ihr Überleben jenseits von Kobane von ihm und
seiner Armee abhängt. Ihm geht es um den Sturz des Alawiten Assad,
der mit den Schiiten verbündet ist. Für ihn will er nicht gegen
sunnitische Glaubensbrüder kämpfen, seien sie noch so brutal.
Vielmehr will er vom Zerfall Syriens profitieren und keinesfalls
einen kurdischen Staat in Syrien entstehen lassen. Die Autonomie der
Kurden im Norden Iraks ist ihm schon zuviel. Diese unheimliche
Komplizenschaft zwischen dem orthodoxen Sunniten Erdogan und den
islamistischen Terroristen sollte den Europäern zu denken geben. Will
man eine Türkei, die hundert Jahre nach dem Völkermord an den
Armeniern erneut ihr blutig-ideologisches Machtspiel treibt, wirklich
innerhalb der Mauern Europas haben? Aber auch die US-Amerikaner und
Europäer sind gefragt: Reichen Nadelstiche aus der Luft gegen eine
mörderische Terrorbande? Lässt Obama Kobane im Stich, weil er vor den
Wahlen Anfang November nichts weiter entscheiden will? Wenn Kobane
fällt, dann liegt es auch an der Unentschlossenheit des Westens.
Hütet euch vor den Verzweifelten, rief Bismarck auf der
Balkankonferenz in Berlin 1878 als Vermittler den Vertretern der
Großmächte zu. Heute sind es nicht die Serben, sondern die Kurden.
Ihre Verzweiflung muss sich nicht nur gegen die Islamisten wenden.
Die Toten in den türkischen Städten sind ein Fanal. Wer die Kurden
heute nicht gegen die islamistischen Terroristen unterstützt, treibt
sie selbst in den Terror - aus Verzweiflung über Kobane. Das geht
auch uns an, siehe Hamburg.
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Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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