14.09.2014 19:12:58
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Weser-Kurier: Kommentar von Daniel Killy zur Großkundgebung in Berlin
Bremen (ots) - Es war eine machtvolle Manifestation von Demokratie
und Solidarität mit Deutschlands Juden. So oder ähnlich wird es heute
früh vielerorts zu lesen sein. Ein einzigartiges Bündnis von
Linkspartei bis CSU hat schließlich die Großkundgebung am Sonntag in
Berlin unterstützt. Konsens der Demokraten in
Reinkultur<ET>.<ET>.<ET>. Kann sich die Republik also wieder wohlig
entspannt zurücklehnen im Bewusstsein, doch "etwas getan", Flagge
gezeigt zu haben? Die Antwort lautet nein. Als in den frühen
1990er-Jahren eine Welle rassistischer Gewalttaten (nicht nur)
Ostdeutschland erschütterte, reagierte die deutsche Zivilgesellschaft
mit spontanen Solidaritätsbekundungen für die Opfer. Übers ganze Land
verteilt bildeten die Menschen Lichterketten, setzten ein weithin
leuchtendes Zeichen für Menschlichkeit und Demokratie. Als in diesem
Sommer Deutschland und seine Juden von einer Welle antisemitischen
Hasses aus der Mitte der Gesellschaft getroffen wurden - passierte
nichts. Bis der Zentralrat der Juden die Großkundgebung in eigener
Sache organisierte; inklusive 40 Bussen, die Mitglieder jüdischer
Gemeinden kostenfrei nach Berlin zur Demonstration bringen. Der
Zentralrat der Juden zahlt also einen signifikanten Betrag dafür,
Deutschland, seinen Bürgern und seiner politischen Klasse, Nachhilfe
in Sachen Engagement und Demokratie zu geben. Die nichtjüdischen
Deutschen hätten sich erheben und die Veranstaltung "Steh auf! Nie
wieder Judenhass!" organisieren müssen. Dass nun Kanzlerin, Präsident
und die politisch ernst zu nehmenden Parteien auf den Zug der
Solidarität aufspringen, ist zwar zu begrüßen, zeigt aber
gleichzeitig, wie weit eine wirkliche Integration deutscher Juden
jenseits symbolischer Sonntagsreden noch von der Realität entfernt
ist. Dass die Politik nur reagiert und nicht agiert, dass die Opfer
der unsäglichen Attacken es sind, die sich gewissermaßen selbst
helfen, entwertet die ganzen eindrucksvollen Bilder von der Berliner
Veranstaltung gehörig. Antisemitismus gehört geächtet, wo auch immer
und in welchem gesellschaftlichen Gewand er auftaucht - in Sprache
und Alltag. Und zwar von jenen Menschen hierzulande, die nicht
jüdischen Glaubens sind.
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