18.07.2020 08:04:38

ROUNDUP: Offshore-Windenergie soll ausgebaut werden - Umweltschützer uneins

HAMBURG (dpa-AFX) - Nach dem Beschluss der Bundesregierung zu einem stärkeren Ausbau der Offshore-Energie müssen nun die Standorte für zusätzliche Windparks in Nord- und Ostsee gefunden werden. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) hat einen Vorentwurf für einen neuen Flächenentwicklungsplan vorgelegt, zu dem Verbände und Behörden noch bis Montag Stellung nehmen können. In dem Plan sollen die möglichen Standorte und der zeitlichen Ablauf des Ausbaus bis 2030 festgelegt werden.

Nach dem Willen der Bundesregierung soll sich die Leistung der Windenergieanlagen vor den Küsten von Nord- und Ostsee in den nächsten 20 Jahren verfünffachen. Derzeit sind nach Angaben des Bundesamtes rund 1500 Anlagen mit einer Leistung von 7,5 Gigawatt in den Küstengewässern und der Ausschließlichen Wirtschaftszone installiert. Bis 2030 sollen es 20 Gigawatt sein, zehn Jahre später 40 Gigawatt.

Von Umweltverbänden kommt neben Kritik auch Zustimmung. Greenpeace begrüßte die Anhebung des Ausbauziels auf 20 Gigawatt bis 2030. "Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Windenergie auf See ist für das Erreichen der Energiewende- und Klimaziele von großer Bedeutung", erklärte Meeresexperte Thilo Maack. Auch eine Verdoppelung des Ziels auf 40 Gigawatt bis 2040 lehnt Greenpeace nicht grundsätzlich ab. "Wir verstehen, dass über 2030 hinaus für alle beteiligten Akteure eine Planungs- und Investitionssicherheit gewährleistet sein muss. Jedoch muss der Ausbau naturverträglich und innerhalb der ökologischen Belastungsgrenzen erfolgen", so Maack weiter.

Der BUND fordert, beim Bau der Windräder auf die Rammtechnik zu verzichten, um die Schweinswale zu schützen. Gegen den Ausbau an sich hat der BUND aber nichts: "Langfristig ist ein Potenzial von 30 Gigawatt installierter Leistung und einem Ertrag von 120 Terawattstunden erschließbar", heißt es in einer Stellungnahme.

Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger hatte den Beschluss des Bundeskabinetts Anfang Juni dagegen als Schnellschuss und falsches Signal bezeichnet. "Ein solcher Ausbau wäre nicht naturverträglich umsetzbar und wäre nicht vereinbar mit dem Naturschutzrecht", sagte der Nabu-Chef. Die Leiterin des WWF-Meeresschutzzentrums in Hamburg, Heike Vesper, hatte kritisiert, bei einem Ausbau auf 40 Gigawatt bis 2040 drohten mehr als 50 Prozent der Fläche für bedrohte und geschützte Vogelarten verloren zu gehen.

Kritik kommt auch vom Deutschen Fischereiverband. Die Fischer beklagen den Verlust von Fanggebieten. "In Deutschland sind wir besonders benachteiligt, weil in deutschen Windparks die Fischerei kategorisch ausgeschlossen wird", erklärte ein Verbandssprecher. In Dänemark und Großbritannien sei der Fischfang in Windparks unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Das Verbot in Deutschland mindere die finanziellen Ausgleichszahlungen, die die Betreiber der Windparks erbringen müssen. Dabei könne es um zweistellige Millionenbeträge gehen.

Der neue Flächenentwicklungsplan soll nach einer weiteren Erörterung mit Behörden und Verbänden Ende des Jahres verabschiedet werden. Dann müssen die ausgewiesenen Flächen vom BSH voruntersucht und bei Eignung von der Bundesnetzagentur versteigert werden, damit die Betreiber die Planfeststellungsanträge beim Bundesamt stellen können. "Mit den 20 GW bis 2030 nimmt Offshore-Wind richtig Fahrt auf", sagte der Leiter der Abteilung Ordnung des Meeres im Bundesamt, Nico Nolte. Von der Versteigerung der Flächen bis zur Inbetriebnahme der Anlagen vergingen fünf Jahre. Bis 2025 sollen 10,8 Gigawatt am Netz sein. Dann müssen gut 9 Gigawatt bis 2030 hinzukommen. "Das BSH wird alle Belange sorgfältig prüfen", versicherte Nolte.

Neben Umweltaspekten spielen dabei auch die Sicherheit der Schifffahrt und die Frage des Stromertrags eine Rolle. Windräder schatten sich gegenseitig ab, das heißt, direkt hinter einer Anlage ist die Energieausbeute für die weiteren Windräder geringer. Wie viele Megawatt an Leistung auf einem Quadratkilometer installiert werden können, will das Bundesamt in einem Konsultationsprozess mit den Verbänden klären./bsp/DP/zb

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