11.06.2014 20:24:50

ROUNDUP 2: Schuldenschnitt von fast 1,7 Milliarden Euro bei Hypo Alpe Adria

(neu: Stellungnahme BayernLB)

WIEN/NÜRNBERG (dpa-AFX) - Die österreichische Regierung will Bayern an den Abwicklungskosten für die marode Skandalbank Hypo Alpe Adria beteiligen. Finanzminister Markus Söder (CSU) lehnte den Plan am Mittwoch postwendend ab - er will nun alle rechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung der bayerischen Ansprüche von 800 Millionen Euro prüfen, wie der CSU-Politiker der Nachrichtenagentur dpa sagte.

Das Wiener Kabinett beschloss am Mittwoch, die HGAA-Gläubiger an dem Debakel der früheren Kärntner Landesbank zu beteiligen, das für die kleine Alpenrepublik zur großen finanziellen Belastung geworden ist.

Die Käufer nachrangiger Anleihen, für die eigentlich das Land Kärnten haftet, sollen nach einem Beschluss der österreichischen Regierung leer ausgehen. Dabei geht es um 890 Millionen Euro. Und außerdem soll die BayernLB als Alteigentümer einen Beitrag von 800 Millionen Euro leisten. Das rot-schwarze Kabinett in Wien billigte am Mittwoch das Sondergesetz zur Einrichtung einer "Bad Bank". Dort sollen im November faule Kredite im Buchwert von rund 17 Milliarden Euro eingebracht werden.

Söder kündigte prompt an, den einseitigen Schuldenschnitt nicht zu akzeptieren. "Es ist ein einmaliger Vorgang in Europa, dass ein Land sich per Gesetz von Schulden befreien möchte", sagte Söder. "Wir werden auf privatrechtlicher und auf internationaler Ebene alle rechtlichen Schritte prüfen."

Söder prophezeite, dass die Wiener Entscheidung "Auswirkungen auf den Finanzplatz Österreich" haben werde. Auswirkungen hatte es schon vor dem Wiener Beschluss gegeben, denn die US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hatte bereits die Kreditausblicke von sieben österreichischen Banken gesenkt.

"Der Kauf war der schwerste Fehler der bayerischen Nachkriegsgeschichte", sagte Söder. Die Hypo Alpe Adria hatte unter anderem mit fragwürdigen Kreditvergaben in Südosteuropa verspekuliert. Die BayernLB und Österreich bezichtigen sich vor diversen Gerichten, von der anderen Seite bei Kauf und Verkauf der Bank falsch informiert worden zu sein.

Mit einer für die diplomatischen Gepflogenheiten der Bankbranche sehr scharfen Mitteilung reagierte auch die BayernLB: "Mit dem heute vom Ministerrat beschlossenen Sondergesetz zur Hypo Alpe Adria soll offensichtlich versucht werden, mit einem rückwirkenden Einzelfallgesetz die BayernLB zu enteignen, während alle anderen vergleichbaren Gläubiger weiterhin bedient werden sollen."

Das Gesetz setze sich "in bislang nicht für möglich gehaltener Art und Weise" über die rechtsverbindlichen Vereinbarungen mit der BayernLB und gesetzliche Haftungszusagen hinweg. Die Auswirkungen dieses Gesetzes auf den Finanzstandort Österreich wären "voraussichtlich verheerend", hieß es in der Stellungnahme. "Das Vertrauen von Gläubigern und Investoren in den Standort Österreich wird durch solch willkürliche Aktionen zutiefst erschüttert."

Für die Wiener Bundesregierung ist die Hypo Alpe Adria ein unwillkommenes Erbstück des 2008 tödlich verunglückten Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider, unter dessen Amtszeit die einstige Provinzbank rapide expandiert und sich auf riskante und fragwürdige Geschäfte auf dem Balkan eingelassen hatte. Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts gab es außerdem mehrere Strafprozesse gegen HGAA-Vorstände wegen Bilanzfälschung und anderer Vorwürfe.

In Wien sprach Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) von einer "juristisch wohldurchdachten Möglichkeit", nicht nur die Steuerzahler zu belasten. Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) erklärte auch mit Blick auf die Ratingagenturen: "Es ist ein einmaliger Fall. Alle Schlussfolgerungen, dass das gängige Praxis in Österreich wird, sind verfehlt."

Österreich beruft sich auf bereits bestehende oder für 2016 erwartete EU-Richtlinien, die sowohl die Kürzung von Forderungen als künftig auch die Beteiligung von Aktionären, Nachrang-Gläubigern und zuletzt Sparern ermöglichen würden. "Wir bewegen uns nicht im luftleeren Raum", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums.

Spindelegger betont, dass der Schuldenschnitt nur für Haftungen des Landes Kärnten gelte. Die insgesamt zwölf Milliarden Euro, für die der Bund garantiere, seien nicht betroffen. Aber es gebe in Österreich keine Verpflichtung, dass der Bund Landeshaftungen übernehme.

Mit der BayernLB streitet sich Österreich insgesamt um rund 2,3 Milliarden Euro. 1,5 Milliarden Euro würden nun bis zum 30. Juni 2019 gestundet, um der "Bad Bank" ausreichend Zeit für die bestmögliche Verwertung des Vermögens zu lassen. Der Rest von 800 Millionen sei verwirkt, weil die Summe zu einem Zeitpunkt gezahlt worden sei, als die BayernLB von der Schieflage der Hypo Alpe Adria gewusst haben müsse, sagte der Sprecher weiter.

Die Bank war 2007 von der BayernLB gekauft, 2009 von Österreich zurückgekauft und sofort notverstaatlicht worden. Das Finanzministerium in Wien betonte am Mittwoch erneut seinen Willen zu einem "Generalvergleich" mit Bayern./cho/DP/he

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