15.01.2014 15:14:34
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Rekordtief bei Organspende - aber auch Zeichen der Hoffnung
Schon in den ersten zehn Monaten 2012 schienen sich die schlimmsten Befürchtungen zu bewahrheiten. 15,5 Prozent weniger Spender als im Vorjahreszeitraum waren es da. Nun ist es auf das ganze Jahr gesehen sogar ein Rückgang um 16,3 Prozent geworden - laut "Ärzte Zeitung" ein Negativrekord seit 23 Jahren. Tatsächlich lag die Zahl der Spender ausweislich einer offiziellen Statistik seit mindestens 1991 niemals unter 1000.
Warum sind die Zahlen derart abgesackt? Rund 18 Monate ist es jetzt her, dass der Organvergabeskandal aufflog. Wartelisten sollen in mehreren Krankenhäusern manipuliert worden sein, um somit schneller an ein Organ für die eigenen Patienten zu kommen. Dem früheren Leiter der Göttinger Transplantationschirurgie wird unter anderem wegen des Verdachts auf versuchten Totschlag in elf Fällen derzeit der Prozess gemacht. Es gab Krisentreffen und verschärfte Regeln. Doch offenbar hält sich bei vielen hartnäckig der Eindruck, dass in den Krankenhäusern auch heute nicht alles richtig läuft.
Offizielle Kontrolleure der Prüfungs- und Überwachungskommission von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen legten im September Ergebnisse vor: Demnach sollen 4 von 24 Leberzentren 2010 und 2011 systematisch Falschangaben zugunsten eigener Patienten gemacht haben. Neben den Unikliniken Göttingen, Leipzig und München rechts der Isar nannten die Prüfer auch Münster.
Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung und der Barmer GEK mit 1975 Befragten zeigt die Erschütterungen, die von dem Skandal ausgingen. Nicht einmal jeder fünfte Befragte meint, dass die Kliniken die Regeln und Vorgaben bei der Organentnahme einhalten. 56 Prozent glauben, dass sich der Arzt mehr für die Organe als für sie selbst interessiert, wenn sie einen Spenderausweis vorgelegt haben.
Die Zuständigen wollen das Misstrauen zerstreuen. Keiner müsse befürchten, wegen der Organe zu früh aufgegeben zu werden, sagt der derzeitige Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation, Rainer Hess. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) betont: "Es gibt mehr Transparenz, es gibt mehr Informations- und Aufklärungsangebote, es gibt mehr Kontrolle und es gibt schärfere Sanktionsmöglichkeiten bei Fehlverhalten."
Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery verweist auf das mittlerweile in den Kliniken eingeführte Mehraugenprinzip - mehrere Ärzte müssen sich vor der Anmeldung für die Wartelisten mit dem Fall befassen und sich so gegenseitig kontrollieren.
Rund 11 000 Schwerkranke warten in Deutschland auf ein Spenderorgan. Dennoch sieht Elisabeth Pott keinen Grund zur Resignation. Die Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verweist auf eine jüngste eigene Umfrage bei rund 4000 Bürgern. Noch sind die Ergebnisse nicht veröffentlicht, doch Pott berichtet schon einmal: "Unsere Untersuchung zeigt, dass trotz der Manipulationen eine hohe positive Einstellung zu Organspende vorliegt, sie liegt bei 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung."
Der Anteil derer, die sich konkret für die Organspende aussprechen, sei nur minimal gesunken - und mehr Menschen als noch 2011 hätten einen Organspendeausweis ausgefüllt. Damals waren es 22 Prozent.
Seither gab es eine Organspende-Reform. Die Krankenkassen schickten massenweise Informationen und Ausweise an ihre Versicherten. Möglichst viele sollen sich entscheiden. Für manche Experten noch wichtiger ist allerdings die Organisation in den Kliniken. Denn als Organspender kommen nur Menschen infrage, bei denen der Hirntod vor dem Herzstillstand eintritt. In den Kliniken kommt es darauf, die Fälle rechtzeitig als mögliche Spender zu erkennen, angemessen mit den Angehörigen zu sprechen und eine Entnahme professionell vorzubereiten und durchzuführen.
Infolge der Reform des Transplantationsgesetzes vor einem Jahr müssen die Kliniken Transplantationsbeauftragte vorweisen: Sie sollen den Prozess der Organspende koordinieren. Noch klappt das aber nach Ansicht von Insidern nicht überall so, wie es sein sollte./bw/DP/stb
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