17.08.2021 20:00:38
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In der Zukunft zuhause / Kommentar zum Absatzrekord der Fondsbranche
in Deutschland von Jan Schrader.
Frankfurt/Main (ots) - An der Börse, so lautet ein viel zitiertes Bonmot, wird
die Zukunft gehandelt. Und den Bewertungsmaßstab dafür, so muss wohl hinzugefügt
werden, liefern die EZB und andere Notenbanken gleich dazu. Schon zu Beginn der
Coronakrise, im März 2020, hat die Zentralbank ihr zusätzliches
Not-Anleihekaufprogramm PEPP lanciert, so dass sich die Aktienkurse in Erwartung
weiterhin niedriger Zinsen und einer geldpolitischen Konjunkturstütze früh
erholt haben. Die privaten Haushalte in Deutschland, im Lebensalltag weit von
EZB und Börse entfernt, haben das nicht sofort begriffen und ihr unverhofft
angespartes Geld in der Coronakrise erst einmal auf dem Bankkonto liegen lassen.
Nach und nach aber gewannen erst Einzelaktien und später Fonds an Relevanz. Das
Geld kommt im Fondsgeschäft an.
Die Branche hat ihren Absatz also wieder einmal der EZB zu verdanken - ähnlich
wie vor gut sechs Jahren. Im März 2015 hatte die Notenbank bereits ihr
umstrittenes reguläres Anleihekaufprogramm gestartet. Schon im Vorfeld stiegen
die Börsenkurse damals an - und Fonds erzielten hohe Zuflüsse. Der Aktienboom
ergibt dabei aus Anlegersicht Sinn, denn in der Erwartung dauerhaft niedriger
Zinsen sind künftige Unternehmensgewinne aus heutiger Sicht rechnerisch mehr
wert. Während Banken, Bausparkassen und Lebensversicherer im Niedrigzinsumfeld
unter Druck geraten, lebt die deutsche Fondsbranche prächtig davon. Das
verwaltete Vermögen steigt und die Kundschaft steht Schlange.
In einer anderen Zinslandschaft hätte sich der starke Anstieg der Aktienkurse
vermutlich erst in der Zukunft ereignet, die Notenbanken haben die künftige
Entwicklung somit ein Stück weit vorweggenommen. Eine Branche, die vom Bestand
der verwalteten Vermögen lebt, ist also bereits in der Zukunft zuhause. Das
Volumen hat die Branche dabei in Deutschland seit Anfang 2020 um sage und
schreibe 20% auf 4,09 Bill. Euro erhöht.
Das wird nicht ewig so weitergehen: Indizien einer Abkühlung sind schon da. Im
zweiten Quartal fiel das Neugeschäft der Aktienfonds auf hohem Niveau bereits
etwas schwächer aus, als die Börsenkurse langsamer zugelegt haben als zuvor.
Eine internationale Fondsmanagerumfrage wiederum fängt in der Zunft bereits
pessimistische Töne zur Weltwirtschaft ein. Freilich handelt es sich bei der
Einsicht, dass ein starkes Wachstum nicht bis in alle Ewigkeit fortgeschrieben
werden kann, um ein Luxusproblem. Die Branche lebt komfortabel.
(Börsen-Zeitung, 18.08.2021)
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