12.12.2014 20:26:53

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Börsen-Zeitung: Russlands Währungskrise, Marktkommentar von Stefan

Schaaf

Frankfurt (ots) - Geschichte wiederholt sich in der Regel nicht.

Glücklicherweise. Doch die Geschichte hat Lehren für die Gegenwart

parat. Eine davon ist es, aufmerksam zu werden, wenn die

außenpolitische Rhetorik von Regierenden pathetisch, nationalistisch

oder gar religiös aufgeladen wird.

Häufig war dies in der Vergangenheit ein Zeichen für ernsthafte

innenpolitische Schwierigkeiten, meist ökonomischer Art. Deshalb

lohnt es sich achtsam zu sein, wenn der russische Präsident Wladimir

Putin kürzlich in einer großen Rede von "heiligem Boden" in

Zusammenhang mit der besetzten Halbinsel Krim sprach und andere

religiöse Metaphern verwendete. Dies lässt vermuten, dass Russland

eineinhalb Jahre nach Beginn seiner Wirtschaftskrise - gemessen am

Rückgang der Einkaufsmanager-Indizes - und nach rund einem Jahr

Ukraine-Konflikt und den darauf folgenden westlichen Sanktionen

zunehmend wirtschaftlich und finanzpolitisch unter Druck steht.

Zinserhöhung verpufft

Die Finanzmärkte haben ihr Urteil inzwischen ohnehin gefällt:

Russland ist derzeit kein Platz zu investieren, lautet die Botschaft

der Anleger. Deutlich wird dies am Absturz des Rubel, der zum

Wochenschluss trotz höherer Leitzinsen ungebremst weiterging. Für

einen Dollar wurden bis zu 58,0263 Rubel gezahlt, womit die russische

Valuta zur Weltleitwährung 2014 schon gut 75% abgewertet hat.

Zweifelsohne steckt Russland mitten in einer Währungskrise. Sie ist

inzwischen so stark, dass selbst eine Leitzinserhöhung auf jüngst

10,5% wirkungslos verpuffte.

"Um die Kapitalflucht in den Griff zu gekommen, müsste die

russische Zentralbank den Leitzins um 400 bis 500 Basispunkte

erhöhen", sagt George Saravelos, Leiter der europäischen

Währungsanalyse bei der Deutschen Bank. Russland hat in diesem Jahr

mit einem Kapitalabfluss von rund 100 Mrd. Dollar zu kämpfen, zudem

sind die Währungs- und Goldreserven des Landes 2014 um rund ein

Fünftel auf noch gut 400 Mrd. Dollar geschrumpft. Zugleich stehen

russische Unternehmen mit einer höheren Summe im Ausland in der

Kreide.

Aber auch andere Marktindikatoren zeigen, dass der wirtschaftliche

Absturz Russlands sich eher beschleunigt als abbremst. So brach der

Leitindex der Moskauer Börse, der RTS-Index zum Wochenschluss um bis

zu 4,8% auf 784,53 Punkte und damit den tiefsten Stand seit fast

sechs Jahren. Seit Jahresbeginn hat der Index fast 43% Wert

eingebüßt. Zum Vergleich: Der MSCI-Aktienindex für die

Schwellenländer hat im gleichen Zeitraum gerade einmal 5,6%

nachgegeben.

Vertrauen schwindet

Wie deutlich sich Investoren inzwischen gegen die russische

Wirtschaft positioniert haben, verdeutlichen die steigenden

CDS-Notierungen. Sie sind zwar, wie auch die Euro-Krise zeigte,

häufig spekulativ überzogen, zeigen aber einen deutlichen Trend für

das Marktsentiment. Im Fall Russlands heißt dies: Anleger senken den

Daumen. Fünfjährige Russland-CDS notieren aktuell bei rund 425

Basispunkten, womit das Ausfallrisiko von Schulden der Russischen

Föderation zweieinhalbmal so hoch eingeschätzt wird wie zu

Jahresbeginn.

Die russische Seite und ihre Unterstützer machen die westlichen

Sanktionen für die Misere verantwortlich. Diese dürften den

Abwärtstrend beschleunigt haben, insbesondere an den Finanzmärkten.

Hinzu kommt der Ölpreisverfall, der offenbar einen Zwist zwischen

Saudi-Arabien und den neuen Ölförderern in den USA zur Grundlage, für

Russland jedoch gravierende Einnahmeausfälle zur Folge hat. Doch die

wirtschaftlichen Probleme Russland liegen tiefer und länger zurück:

die einseitige Abhängigkeit vom Rohstoffsektor, Rechtsunsicherheit

und damit fehlendes Investorenvertrauen, schließlich politische

Risiken.

An diesen Punkten muss Russland ansetzen, wenn es seine Krise in

den Griff bekommen will. Insofern könnten die jüngsten

Friedenssignale aus Moskau - Außenminister Sergej Lawrow sieht mit

der Feuerpause im Ukraine-Krieg die Chance auf Frieden - Hoffnung

machen.

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