09.01.2015 19:50:47

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Börsen-Zeitung: Im Deflationsmodus, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Zunächst waren es die immer weiter abnehmenden

Preissteigerungsraten in der Eurozone - auch Disinflation genannt -,

die den Marktteilnehmern Sorgen bereiteten. Denn damit einher ging

immer auch die Sorge, dass die Disinflation auch in die Deflation

münden könnte. Das ist nun geschehen. In der gerade abgelaufenen

Woche kamen die neuen Inflationszahlen oder jetzt besser gesagt

Deflationszahlen. Denn mit einem Rückgang von 0,2% ist die Eurozone

bei der Teuerung im Deflationsmodus angekommen. Das ist das erste

Minus seit Dezember 2009. Und so mancher wird hoffen, dass dieser

deflationäre Ausschlag im Dezember, der in erster Linie mit den

rückläufigen Ölpreisen begründet wird, nur ein Ausreißer ist und sich

hoffentlich nicht zu einer jahrelangen Deflationsphase

weiterentwickelt.

An den Zinsmärkten ist seit geraumer Zeit befürchtet worden, dass

die disinflationäre Entwicklung anhält und letztlich in die Deflation

mündet. Von vielen Marktteilnehmern wurde erwartet, dass die

Europäische Zentralbank (EZB) auf diese Disinflationsentwicklung und

die damit einhergehenden Deflationsgefahren entsprechend scharf

reagieren wird, um die Deflation letzten Endes abzuwenden bzw. es zu

versuchen. Ablesbar war das an den rückläufigen Anleiherenditen, ein

Trend, der gerade im vorigen Jahr exorbitante Ausmaße angenommen

hatte. Es wurde erwartet, dass die EZB mit Asset-Käufen, allen voran

im Fixed-Income-Segment, auf diese Entwicklungen reagieren wird, was

letztlich auch geschah. Seit Oktober kauft die EZB - in stärkerem

Ausmaß als erwartet - Covered Bonds, wozu auch die deutschen

Pfandbriefe zählen, um Liquidität in das System zu pumpen und damit

die Inflationserwartungen zu beeinflussen bzw. an den Märkten zu

verankern. Etwas später kamen dann auch noch Käufe von Asset Backed

Securities (EZB) hinzu.

Kaufprogramm im Blick

Nun stellen sich die Marktteilnehmer auf eine Ausweitung dieser

Programme ein. Bereits in Kürze - womöglich schon auf der nächsten

Sitzung des geldpolitischen Rates am 22.Januar - könnte die

diesbezügliche Entscheidung gefällt werden. Prognostiziert werden

umfangreiche Bondkaufprogramme. Gegenstand von Käufen könnten den

Prognosen zufolge Staatsanleihen, aber auch Unternehmensbonds und

weitere Bankanleihen werden. Darüber würden die Geldschleusen für die

Eurozone dann noch weiter geöffnet - alles nur, um die Deflation bzw.

eine Beschleunigung derselben zu vermeiden. Bei den Volumina dieser

Programme gehen die Prognosen recht weit auseinander. Herumgereicht

werden derzeit im Schnitt 500 bis 700 Mrd. Euro an Kaufvolumen für

die Bonds. Doch es könnte noch mehr werden, wenn die beabsichtigten

Effekte nicht eintreten.

Und wie reagieren die Zinsmärkte auf die aktuelle Entwicklung rund

um abrutschenden Ölpreis, damit einhergehende Konjunkturängste und

die jüngsten Teuerungszahlen, die die Erwartung von EZB-Bondkäufen

nur noch zusätzlich noch untermauern? Die Anleiherenditen sacken

immer weiter in die Tiefe. Vom kurzen Ende der Laufzeitenkurve her

betrachtet, führt dieser Renditerutsch dazu, dass die Sätze immer

stärker negativ werden bzw. immer weitere Laufzeiten vom positiven in

den negativen Renditebereich kippen. So geschehen in der gerade

abgelaufenen Woche. Auch die fünfjährigen Bundestitel haben am Markt

mittlerweile eine negative Rendite. Hält diese Tendenz an, wird der

Bund in Form seines Schuldenmanagers Deutsche Finanzagentur die

nächste Neuemission von fünfjährigen Bundesobligationen, die einen

Tag vor der nächsten EZB-Sitzung ansteht, am Primärmarkt wohl auch zu

negativen Sätzen absetzen.

Und damit tritt dann das nächste Novum ein. Der Bund bietet am

Primärmarkt sechs Laufzeiten an. Am Geldmarkt die beiden Papiere mit

sechs und zwölf Monaten Fälligkeit. Am Kapitalmarkt sind es die

Laufzeiten von zwei, fünf, zehn und 30 Jahren. Die Geldmarktpapiere

und die zweijährigen Bundesschatzanweisungen werden bereits zu

negativen Sätzen platziert. Kommt nun auch noch die mittlere sprich

fünfjährige Laufzeit dazu, verschuldet sich der Bund bei zwei

Dritteln seiner Papiere zu negativen Sätzen, d.h., die Anleger zahlen

in diesen Laufzeiten eine Gebühr dafür, dass sie dem Bund Kapital

überlassen dürfen.

Danach werden die Anleger gespannt darauf warten, dass die

nächsten Marken geknackt werden. Sollte sich die gegenwärtigen

Tendenzen fortsetzen, nimmt die Wahrscheinlichkeit immer mehr zu,

dass auch die zehnjährige Bundrendite noch näher an die Nulllinie

heranrückt. Mit einem Tiefpunkt von 0,43% ist sie davon aber ohnehin

nicht mehr weit entfernt.

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