21.07.2017 20:49:40
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Börsen-Zeitung: Hellas vor der Rückkehr, Marktkommentar von Kai
Johannsen
Frankfurt (ots) - Es ist erst ein paar Monate her, da malte der
eine oder andere Analyst schon wieder den Teufel an die Wand, und
zwar einen griechischen. In diesem Jahr - so wurde gemutmaßt - würden
die Griechen wieder mit dem Rücken zur Wand stehen, wieder würden sie
ihren Verpflichtungen, Anleihen zu bedienen, nicht nachkommen können,
wieder würden uns am Bondmarkt die Renditen der hellenischen
Staatspapiere um die Ohren fliegen, wieder müssten die
Staatengemeinschaft und der Rettungsfonds sowie der Internationale
Währungsfonds (IWF) einspringen, wieder würde das Schreckgespenst
Staatsschuldenkrise uns alle erschaudern lassen. Das ganz große
Déjà-vu würde uns bevorstehen mitsamt seinen ganzen Prophezeiungen
bis hin zur Auflösung des Euro. Und einen Termin hatte man auch
schon: Mitte Juli sei es so weit, denn da stehe die Rückzahlung eines
Bonds aus Athen auf der Agenda. Und nun? Wie so oft: Es kommt erstens
anders und zweitens als man denkt. Die Hellenen haben wohl Zins und
Tilgungsbetrag in der abgelaufenen Woche überwiesen - zumindest war
bis Freitagabend nichts anderes bekannt.
Gerüchte halten sich
Und es könnte sich nun ganz anders darstellen. Seit wenigen Tagen
halten sich Gerüchte im Markt, dass Griechenland die Rückkehr an den
Anleihemarkt plant und derzeit in den entsprechenden Vorbereitungen
für einen öffentlichen Bond-Deal im Euro ist, der erste Auftritt des
Landes seit dem Jahr 2014. Die Banken haben angeblich auch schon die
Mandatierungen bekommen. Sechs Häuser sollen den Deal für die
Hellenen durchziehen: Prominente, platzierungsstarke Häuser sind es,
wenn es denn so kommt: Bank of America Merrill Lynch, BNP Paribas,
Citigroup, Deutsche Bank, Goldman Sachs und HSBC sollen die illustre
Runde sein, die den Hellenen den Weg zurück in internationale
Bond-Gesellschaft ebnen soll. Wie den Gerüchten weiter zu entnehmen
ist, könnte der Deal schon in der neuen Handelswoche live gehen, wie
man so sagt. Gläubiger des Landes müssen dafür wohl noch ihr grünes
Licht geben, das sei das Einzige, was derzeit noch ausstehe. Die
Details der Bond-Transaktion sind noch nicht durchgesickert, auch
hier gibt es nur Spekulationen. Eine fünfjährige Laufzeit sei im
Gespräch. Die mittlere Frist wird häufig gewählt, wenn das lange
Laufzeitenende in einem solchen Fall als zu anspruchsvoll eingestuft
wird. Im Fall von Griechenland wird aber auch hinzugefügt, dass es
auch eine zwei- oder dreijährige Laufzeit werden könnte. Fünf Jahre
werden aber häufiger genannt. Beim Volumen sind 2 bis 4 Mrd. Euro im
Gespräch. Das ist durchaus eine realistische Größenordnung. Bleibt
die bange Frage: Fliegt der Deal, d. h. machen die Investoren mit?
Den Schuldenschnitt aus dem Jahr 2012 hat mancher Anleger sicherlich
noch in guter Erinnerung. Nicht jeder will wohl wieder bei so einem
Ereignis mit von der Partie sein, wenn es denn mal kommen sollte. Von
daher wird vielleicht der eine oder andere Investor dieses Mal bei
einem Hellas-Bond abwinken. Aber man weiß auch, dass bei den meisten
Investoren das Kurzzeitgedächtnis besser funktioniert als die
Langzeitvariante davon. Das könnte den Griechen Hoffnung machen.
Zu berücksichtigen ist, dass ein bedeutender Käufer, der bei
anderen Staatspapieren ja seit einiger Zeit in großem Umfang am
Primär- und Sekundärmarkt mit von der Partie ist, bei Griechenland
fehlen wird: die Europäische Zentralbank (EZB). Griechenland hat die
Bonitätsnote Single-B bzw. CCC, weshalb die Papiere nicht "eligible"
sind, d.h. sie qualifizieren sich nicht für das
Staatsanleihekaufprogramm der EZB. Papiere kaufen und, wenn es
brenzlig wird, einfach an die europäischen Währungshüter
weiterreichen - das wird es hier nicht geben. Und Investoren, die von
vornherein auf Investment-Grade-Titel in ihrem Anlageuniversum
beschränkt sind, werden verständlicherweise sowieso nicht mit dabei
sein.
Jetzt gilt es noch die allgemeine Marktstimmung zu beurteilen.
Fakt ist, dass die EZB die Anleihemärkte in den vergangenen Jahren
ganz kräftig leer gekauft hat. Es gibt einen Mangel an Papieren. Die
Sekundärmärkte sind in manchen Bereichen fast vollkommen
ausgetrocknet. Die Anleger ringen fast schon um jeden Bond. Denn die
Gelder drängen schließlich nach Anlage. Und das könnte genau der
Faktor sein, der Griechenland letztlich zugutekommt. Der Bond der
Hellenen wird gekauft, weil es endlich mal wieder ein Papier ist, das
einen positiven Ertrag abwirft. Wenn, ja wenn die Griechen das Geld
letzten Endes auch überweisen. Aber das haben sie in diesen Tagen ja
wohl getan und sich damit vielleicht selbst den Weg an den Markt
geebnet.
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