23.04.2015 19:57:45
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NRZ: Es werden mehr Flüchtlinge kommen - ein Kommentar von JAN JESSEN
Die glitzernde Konsumwelt des Westens ist dank Internet und Fernsehen auch dort ganz nah, wo das Elend herrscht. Die Verheißung von Wohlstand und Sicherheit wird in Zukunft immer mehr Menschen in Bewegung setzen, so ist das in einer globalisierten Welt, von der wir selbst so profitieren. Aber: An einer massenhaften und ungesteuerten Einwanderung, so wie sie insbesondere gut meinende Linke einfordern, würden die europäischen Gesellschaften zerbrechen. Deutschland und andere wohlhabende Länder wären sicherlich wirtschaftlich in der Lage, mehr Einwanderung zu vertragen; aber der Unmut über wachsende soziale Ungleichheit, gepaart mit wuchernder Fremdenfeindlichkeit, ergibt ein gefährliches, auf Dauer unkontrollierbares Gemisch.
Es gilt also, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Dazu ist eine langfristige Änderung westlicher Außen- und Wirtschaftspolitik notwendig, ehrlicherweise auch: ein Zurückschrauben eigener Lebensstandards. Kaum zu beeinflussen sind schlechte Regierungsführung in den Herkunftsländern der Flüchtlinge und das schäbige Versagen der dortigen Eliten, die auch Gründe für die katastrophale Situation und das Scheitern bisheriger Entwicklungspolitik sind.
Zur Wahrheit gehört aber auch: So lange, wie Afrika zum reinen
Rohstofflieferanten degradiert wird; so lange, wie Entwicklungsländer
mangels Zollschranken gezwungen sind, ihre Heimatmärkte von
subventionierten Agrarimporten fluten zu lassen; so lange, wie
europäische Fischfangflotten Küstengewässer leer fischen; so lange,
wie die Industrieländer nicht ausreichend Hilfe für
Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel leisten, den sie maßgeblich
beeinflussen; so lange, wie reiche Nationen Kriege aus geopolitischen
und wirtschaftlichen Gründen in andere Länder tragen oder Despoten
als Partner akzeptieren, nur weil sie ihren Interessen nützlich sind
so lange werden sich Menschen auf den lebensgefährlichen Weg nach
Europa machen.
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