04.02.2015 21:12:58
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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Grieche Tsipras bei der EU Runter vom Baum Knut Pries, Brüssel
Bielefeld (ots) - Ein donnernder Wahlsieg, das gilt nicht nur in
Athen, ist eine Bürde. Auch die linke Syriza-Partei in Griechenland
tut sich schwer, ihren Triumph in eine praktische Politik zu
übersetzen, die den hochgespannten und zum Teil illusorischen
Erwartungen der Anhänger gerecht wird. Aus dem populären "Ab sofort
ist alles ganz anders" wird schnell ein herbes "Nichts geht mehr",
wenn mit den EU-Partnern die Umsetzung der Verheißungen - Abschaffung
der Troika, Schuldenschnitt, Füllhorn statt Sparpolitik - im
Einzelnen vereinbart werden soll. Das birgt für Deutschland, die
anderen Staaten der Eurozone und die EU-Institutionen zwei
Möglichkeiten: Man kann die Regierungsneulinge aus Athen vor die Wand
laufen lassen und hoffen, dass die Wähler in anderen Problemstaaten
daraus den Schluss ziehen: "Linkspopulismus ist Mist." Oder man kann
ihnen helfen, behutsam vom allzu hohen Baum der Erwartungen
herunterzuklettern. Ersteres wäre eine Fehlkalkulation - die Klientel
der Linkspopulisten würde wachsen, weil viele sich den umgekehrten
Reim darauf machen. Letzteres ist der Weg der Vernunft. Beim Besuch
des Syriza-Premiers Tsipras in Brüssel haben die EU-Oberen ihn
eingeschlagen. Die Resonanz war vielversprechend: Nach den
vollmundigen, aber unrealistischen Parolen der ersten Tage im Amt hat
Tsipras - im bunten Lager der Syriza eine gemäßigte Figur - bei der
EU brav das Hohe Lied von Dialog, Kooperation und Kompromiss
gesungen. Das honorierten die Herren Juncker, Tusk und Schulz mit
aufmunterndem Schulterklopfen und sogar der ein oder anderen
Kumpel-Schmusewange. Abgesehen von der aufgehellten Atmosphäre
mangelt es aber auch in der Sache nicht an Möglichkeiten, dem Athener
Volkstribun ein paar Schritte entgegenzukommen, ohne das
unverzichtbare Prinzip "Leistung nur bei Gegenleistung" aufzugeben.
Die Griechen müssen das eigene Staatswesen in Ordnung bringen, daran
führt kein Weg vorbei. Aber man kann die Fortschritte anders
kontrollieren als mit der verhassten Troika, die in Hellas als
Inbegriff demütigender Fremdbestimmung diskreditiert ist. Und was ist
mit den Schulden? Auch da geht es vorwiegend um Psychologie, um
politische Rücksicht auf Wahrnehmung. Die Konditionen des
Schuldendienstes sind schon jetzt sehr günstig, die Tilgung werden
Schäuble, Merkel und Tsipras ohnehin nicht erleben. Noch etwas mehr
Rückzahlungskosmetik richtet keinen nennenswerten Zusatzschaden an.
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Pressekontakt: Neue Westfälische News Desk Telefon: 0521 555 271 nachrichten@neue-westfaelische.de
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