08.02.2016 17:11:46

Mittelstand und Handel gegen die Einführung der Bargeld-Obergrenze

   Von Christian Grimm

   BERLIN (Dow Jones)--In die Diskussion um eine Obergrenze für Barzahlungen hat sich nun auch erstmals die Wirtschaft eingeschaltet. Einzelhandel und Mittelstand positionieren sich klar gegen die Planspiele von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Bezahlungen in Münzen und Scheinen auf 5.000 Euro zu begrenzen.

   "Den Befürwortern der Bargeldlosigkeit geht es in Wahrheit um etwas ganz anderes", klagte Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), im Gespräch mit Dow Jones Newswires. Es gehe darum, die Hoheit über Geldvermögen und Geldverkehr zu erlangen. "Hat er diese erst einmal erlangt, können sich Sparer zum Beispiel nicht mehr gegen Negativzinsen wehren", ist sich Ohoven sicher. "Deshalb: Bargeld bleibt."

   Ökonom Polleit wittert Strafzinsen und Überwachung

   Unterstützung erhält der Verbandschef vom Präsidenten des liberalen Ludwig von Mises Instituts: In Wahrheit, so Thorsten Polleit, gehe es dem Staat nicht um die Bekämpfung des Terrorismus oder der Bekämpfung der Geldwäsche, sondern um die Verschuldungsproblematik. "Um die Schulden vor allem von Staaten und Banken zu verringern, sollen die Zentralbanken nun eine negative Zinslandschaft erzeugen", ist Polleit überzeugt. Im Hauptberuf ist er Chefökonom der Degussa Goldhandel.

   Volkswirte wie Polleit befürchten, dass Banken einen Strafzins für Sparer einführen könnten, so wie ihn die Geldhäuser heute für Guthaben bei der Europäischen Zentralbank berappen müssen. Auf Bargeld lässt sich dieser Strafzins aber nicht durchsetzen. Die Verzinsung von Scheinen und Münzen liegt bei null. Der Präsident des Mises Instituts fürchtet hinter dem Vorstoß zudem den alles überwachenden Staat. "Ohne Bargeld ist die finanzielle Privatsphäre des Bürgers verloren", warnte Polleit.

   Juweliere und Autohändler wollen keine Obergrenze

   Praktische Einwände gegen Schäubles Gedankenspiel hat der Einzelhandel. Der Branchenverband HDE sieht die Pläne kritisch, da ein negatives Signal auf die Verwendung von Bargeld ausgehen könnte. "Bargeld wird im Handel nach wie vor gerne und uneingeschränkt akzeptiert - das sollte auch so lange so bleiben, wie der Kunde es wünscht", verlangte HDE-Geschäftsführer Stefan Genth. Er sieht bestimmte Segmente des Handels wie Möbel- und Autohäuser, aber auch Juweliere und Designerboutiquen von Nachteilen bedroht.

   In einigen europäischen Ländern wie in Italien, Frankreich, Portugal und Belgien gibt es bereits Obergrenzen für die Bezahlung in bar. Im Kampf gegen Drogenhandel und organisierte Kriminalität haben die Limits aber kaum Wirkung gezeigt.

   Das Bundesfinanzministerium bemühte sich zum Wochenauftakt um eine Beruhigung der Diskussion. "Es geht überhaupt nicht um die Abschaffung von Bargeld", betonte Ministeriumssprecherin Friederike von Tiesenhausen. "Es handelt sich hier um eine europäische Debatte, wie man Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung effektiver bekämpfen kann."

   Berlin warte hier auf bereits angekündigte Vorschläge der EU-Kommission. In zehn europäischen Staaten gebe es schon Bargeldobergrenzen, unterstrich die Sprecherin. Bargeld sei ein anonymes Zahlungsmittel, das "vielfältig genutzt" werden könne. Nach Meinung vieler Geldwäscheexperten habe man mit Bargeldobergrenzen eine Handhabe, "kriminelle Machenschaften auch einzudämmen". Nach den Anschlägen von Paris hat die Idee neue Nahrung erhalten.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   (Mitarbeit: Andreas Kißler)

   DJG/chg/cln

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   February 08, 2016 10:41 ET (15:41 GMT)

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