08.02.2017 23:37:56
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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Seehofer/ Berchinger Rossmarkt: Die Stunde der Haudraufs naht von Heinz Gläser
Regensburg (ots) - Wir Bayern sprechen ja quasi qua Geburt
fließend Latein. Diese seltene Gabe verdanken wir einem leider viel
zu früh verstorbenen Ministerpräsidenten, dem wahren "Praeceptor
Bavariae", dem "Schöpfer des modernen Bayerns" (Horst Seehofer) und
natürlich - "größten Sohn der CSU" (Markus Söder). Franz Josef Strauß nämlich würzte mit Vorliebe seine scharfen Sentenzen mit einer Prise humanistischer Bildung. Den jederzeit wohlfeilen Rat "Si tacuisses, philosophus mansisses" (Wenn du geschwiegen hättest, wärst du ein Philosoph geblieben) beherzigte er freilich ungern selbst, sondern brachte ihn nur gegen die politische Konkurrenz in Anschlag. FJS selig hätte mithin seine Freude daran, wenn wir an dieser Stelle Alkaios von Lesbos zitieren, einen der wichtigsten Vertreter der äolisch-lyrischen Poesie. "In vino veritas": Ja, im Wein liegt bekanntlich die Wahrheit. Von Lesbos nach Berching ist es gedanklich nur ein kleiner Sprung. Beim dortigen Rossmarkt wurde am Mittwoch jene urbayerische Traditionsreihe eingeläutet, die Anfang März im politischen Aschermittwoch und alsdann im Derblecken auf dem Münchner Nockherberg gipfelt. Dem Lokalkolorit - also sozusagen dem Genius Loci - ist es geschuldet, dass am Rande der Veranstaltungen Bier und nicht Wein die Zunge lockert und den Zuhörern rauschhafte Eindrücke beschert. Reiner Wein wird einem in der Politik ohnehin eher selten eingeschenkt, aber das nur nebenbei. Horst Seehofer, der Erbe des Schöpfers und zweifellos zweitgrößte Sohn der CSU, führte in der Oberpfalz das große Wort. Dass "Cicero", das angebliche "Magazin für politische Kultur", vom fernen Berlin aus solche Ereignisse schon mal als "Feiertage des Wutbürgers" geißelt, muss uns in unseren Breiten nicht weiter interessieren. Rekapitulieren wir hier lieber unter rein sportlichen Gesichtspunkten, was der Ministerpräsident als Zugpferd in Berching losgetreten hat. Sicherlich handelt es sich um einen Frühstart ins Wahlkampfjahr. Doch Seehofer stellte mit seinem fünften Auftritt beim Rossmarkt gleich eine straußsche Bestmarke ein, die er gar bei nächstbester Gelegenheit zu übertrumpfen gedenkt. Für seinen ausgeprägten Wettkampfgeist spricht zudem, dass er zuletzt stets in Jahren von Bundestagswahlen in Berching auftauchte, das als Stadt im Freistaat stolzer Teil der "Vorstufe zum Paradies" (Seehofer) ist. Der Flecken Kleve liegt dagegen am Niederrhein, fast schon beziehungsweise so gut wie in Holland. Und dort wiederum stammt die SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks her, der Seehofer wegen ihrer hanebüchenen Bauernregel-Kampagne mit Recht verbal einen rechten Schwinger verpasste. Denn eine eiserne Bayern-Regel besagt: Leg dich besser nicht mit den Landwirten an. Dass es Horst Seehofer in Berching mit diesem K.o.-Schlag gegen die politische Konkurrenz mehr oder weniger bewenden ließ, zeigt indes, dass die Stunde der Haudraufs erst in drei Wochen schlägt, wenn die Arenen in Passau oder Vilshofen stehen. Berching war da bloßes Vorspiel, ein Präludium. Warmlaufen für den Aschermittwoch - inmitten schnaubender Rösser in der Oberpfälzer Winterkälte. Im Jahr der Bundestags- und ein gutes Jahr vor der Bayernwahl verheißen die kommenden Kundgebungen in einer ohnehin aufgeheizten politischen Atmosphäre im Land viel Zündstoff. Eines neuen US-Präsidenten hätte es dafür gar nicht mehr bedurft. Für die CSU gilt derweil, was auf dem Stadtwappen von Paris steht: Fluctuat nec mergitur. Sie schwankt, aber sie geht nicht unter.
natürlich - "größten Sohn der CSU" (Markus Söder). Franz Josef Strauß nämlich würzte mit Vorliebe seine scharfen Sentenzen mit einer Prise humanistischer Bildung. Den jederzeit wohlfeilen Rat "Si tacuisses, philosophus mansisses" (Wenn du geschwiegen hättest, wärst du ein Philosoph geblieben) beherzigte er freilich ungern selbst, sondern brachte ihn nur gegen die politische Konkurrenz in Anschlag. FJS selig hätte mithin seine Freude daran, wenn wir an dieser Stelle Alkaios von Lesbos zitieren, einen der wichtigsten Vertreter der äolisch-lyrischen Poesie. "In vino veritas": Ja, im Wein liegt bekanntlich die Wahrheit. Von Lesbos nach Berching ist es gedanklich nur ein kleiner Sprung. Beim dortigen Rossmarkt wurde am Mittwoch jene urbayerische Traditionsreihe eingeläutet, die Anfang März im politischen Aschermittwoch und alsdann im Derblecken auf dem Münchner Nockherberg gipfelt. Dem Lokalkolorit - also sozusagen dem Genius Loci - ist es geschuldet, dass am Rande der Veranstaltungen Bier und nicht Wein die Zunge lockert und den Zuhörern rauschhafte Eindrücke beschert. Reiner Wein wird einem in der Politik ohnehin eher selten eingeschenkt, aber das nur nebenbei. Horst Seehofer, der Erbe des Schöpfers und zweifellos zweitgrößte Sohn der CSU, führte in der Oberpfalz das große Wort. Dass "Cicero", das angebliche "Magazin für politische Kultur", vom fernen Berlin aus solche Ereignisse schon mal als "Feiertage des Wutbürgers" geißelt, muss uns in unseren Breiten nicht weiter interessieren. Rekapitulieren wir hier lieber unter rein sportlichen Gesichtspunkten, was der Ministerpräsident als Zugpferd in Berching losgetreten hat. Sicherlich handelt es sich um einen Frühstart ins Wahlkampfjahr. Doch Seehofer stellte mit seinem fünften Auftritt beim Rossmarkt gleich eine straußsche Bestmarke ein, die er gar bei nächstbester Gelegenheit zu übertrumpfen gedenkt. Für seinen ausgeprägten Wettkampfgeist spricht zudem, dass er zuletzt stets in Jahren von Bundestagswahlen in Berching auftauchte, das als Stadt im Freistaat stolzer Teil der "Vorstufe zum Paradies" (Seehofer) ist. Der Flecken Kleve liegt dagegen am Niederrhein, fast schon beziehungsweise so gut wie in Holland. Und dort wiederum stammt die SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks her, der Seehofer wegen ihrer hanebüchenen Bauernregel-Kampagne mit Recht verbal einen rechten Schwinger verpasste. Denn eine eiserne Bayern-Regel besagt: Leg dich besser nicht mit den Landwirten an. Dass es Horst Seehofer in Berching mit diesem K.o.-Schlag gegen die politische Konkurrenz mehr oder weniger bewenden ließ, zeigt indes, dass die Stunde der Haudraufs erst in drei Wochen schlägt, wenn die Arenen in Passau oder Vilshofen stehen. Berching war da bloßes Vorspiel, ein Präludium. Warmlaufen für den Aschermittwoch - inmitten schnaubender Rösser in der Oberpfälzer Winterkälte. Im Jahr der Bundestags- und ein gutes Jahr vor der Bayernwahl verheißen die kommenden Kundgebungen in einer ohnehin aufgeheizten politischen Atmosphäre im Land viel Zündstoff. Eines neuen US-Präsidenten hätte es dafür gar nicht mehr bedurft. Für die CSU gilt derweil, was auf dem Stadtwappen von Paris steht: Fluctuat nec mergitur. Sie schwankt, aber sie geht nicht unter.
OTS: Mittelbayerische Zeitung newsroom: http://www.presseportal.de/nr/62544 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_62544.rss2
Pressekontakt: Mittelbayerische Zeitung Redaktion Telefon: +49 941 / 207 6023 nachrichten@mittelbayerische.de
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