13.11.2012 13:33:39

Griechenland entgeht erneut drohendem Zahlungsausfall

   --Schuldenverwaltung kann fällige Schuldverschreibungen ablösen

   --Griechenland platziert T-Bills für 4 Milliarden Euro

   Von Steffen Gosenheimer

   Was einmal geht, geht auch zweimal. Während sich die internationalen Geldgeber EU und IWF streiten, wie den klammen Griechen weiter geholfen werden soll, hat Griechenland trotz leerer Kassen und ausbleibender Milliardenhilfen der EU die am Freitag benötigten 5 Milliarden Euro zusammenbekommen, die das Land zur Bedienung alter Schulden braucht. Bereits im August war den Griechen dieses Kunststück gelungen, unter kräftiger Mithilfe der Europäischen Zentralbank (EZB).

   Und die EZB spielt auch diesmal mit. Der Trick besteht darin, dass die EZB der griechischen Notenbank, also ihrer Filiale in Athen, gestattet, kurz laufende Schuldtitel von Banken als Sicherheiten zu akzeptieren, die sie selbst nicht mehr beleiht. Anders als noch im Sommer, als das Limit dafür mit 7,0 Milliarden Euro mehr als ausreichend war, gab es diesmal allerdings eine Höchstgrenze von 3,5 Milliarden Euro zu beachten.

   Das Limit, im Rahmen dessen diese Papiere als Sicherheiten für die sogenannten ELA-Notkredite akzeptiert werden, wurde nämlich nach Informationen der Zeitung "Die Welt" kurz vor der Auktion griechischer Kurzläufer am Dienstag von der EZB reduziert. Damit revidierte der Rat eine Entscheidung von August, als die Obergrenze angehoben worden war.

   Dass letztlich die benötigten 5 Milliarden Euro doch zusammengekommen sind, verdanken die Griechen nach Aussage informierter Personen der Tatsache, dass der Kurswert von Papieren gestiegen ist, den die Banken in ihren Büchern haben. Diese Papiere können deshalb höher beliehen werden. Dadurch wird der Effekt des niedrigeren Limits bei den kurz laufenden Schuldtiteln überkompensiert.

   Mit den zusätzlichen Mitteln können die Banken wieder Staatsanleihen kaufen und der Regierung in Athen damit die dringend benötigte Zwischenfinanzierung ermöglichen. So geplant und auch geschehen am Dienstag, als die griechische Finanzagentur Schuldtitel mit vier und 13 Wochen Laufzeit im Gesamtvolumen von 4,063 Milliarden Euro offenbar problemlos unterbrachte. Darin enthalten ist wie üblich eine Tranche von 30 Prozent, die auf Nichtwettbewerbsbasis an die Banken vergeben wurde. Übliche Praxis bei derartigen griechischen Auktionen ist auch, dass eine weitere Tranche über 30 Prozent am Donnerstag folgt. Damit beläuft sich das Gesamtvolumen auf exakt 5 Milliarden Euro.

   Die Notkredite sind formal Sache der nationalen Notenbanken, der EZB-Rat hat jedoch ein Vetorecht. Zentralbankpräsident Mario Draghi hatte vergangene Woche deutlich gemacht, dass ELA-Kredite ein reguläres Instrument des Euro-Systems seien.

   Die EZB selbst akzeptiert seit dem 20. Juli keine Staatsanleihen Griechenlands mehr als Sicherheiten bei ihren Refinanzierungsgeschäften, nachdem eine zuvor noch geltende Sonderregelung ausgelaufen ist, die vor der Umschuldung Griechenlands getroffen worden war: Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder hatten der EZB bis dahin garantiert, dass sie im Falle einer Staatspleite Griechenlands für Verluste bis zu 35 Milliarden Euro einstehen würden.

   Mit der Weigerung, griechische Anleihen anzunehmen, wollte die EZB den Druck auf das Land erhöhen. Erst wenn der nächste Prüfbericht der Troika vorliegt, wollen die Währungshüter darüber entscheiden, ob griechische Staatsanleihen wieder als Pfand für Zentralbankgeld akzeptiert werden. Tatsächlich liegt der neueste Troika-Bericht seit Montag vor, die EZB hat sich dazu aber bislang noch nicht geäußert.

   Während Griechenland also einmal mehr einen Zahlungsausfall verhindern kann, befinden sich seine Zahlmeister immer offener im Clinch, wie bzw. ob dem Land noch zu helfen ist. Im Anschluss an ein Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel erklärte die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, dass sie mit den Ideen der Europäer nicht übereinstimme. Diese wollen Griechenland bei der Schuldentilgung erhebliche Zugeständnisse machen. Der IWF aber sieht das nicht ein.

   Nach Ansicht des IWF sollte Griechenlands Schuldenberg bis zum Jahr 2020 auf 120 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung schrumpfen. Griechenland selbst geht davon aus, dass seine Schuldenquote im Jahr 2014 mit mehr als 190 Prozent einen vorläufigen Höhepunkt erreichen und danach sinken wird.

   Der luxemburgische Ministerpräsident und Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, aber pocht auf längere Fristen. Die Eurozone habe sich doch "mehr oder weniger" darauf geeinigt, dass man Griechenland bis 2022 Zeit geben wolle, um das Schuldenziel zu erreichen.

   "Wir haben eindeutig unterschiedliche Ansichten", sagte Lagarde. "Worauf es letztlich ankommt, ist die Nachhaltigkeit der griechischen Schulden, damit das Land zurück auf seine Füße kommt und Zugang zu den privaten [Kapital-]Märkten erhält."

   Der Druck auf die Geldgeber, die nächste Kreditzahlung umgehend freizugeben, ist allerdings nicht mehr ganz so groß, seitdem klar ist, dass die griechische Regierung ihrer Tilgungszahlung am Freitag wird nachkommen können.

   Die Finanzminister der Eurozone wollen nun am 20. November erneut tagen und zeigten sich am Montagabend zuversichtlich, dass sie sich dann auf die Zahlung der nächsten Hilfstranche einigen würden.

   Kontakt zum Autor: Steffen.Gosenheimer@dowjones.com

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   November 13, 2012 07:02 ET (12:02 GMT)

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