23.12.2010 13:30:34

Experten erwarten 2011 Ende der M&A-Dürreperiode in Deutschland

Von Eyk Henning Dow Jones NEWSWIRES FRANKFURT (Dow Jones)--Nach langer Durststrecke im Markt für Fusionen und Übernahmen (M&A) erwarten Experten 2011 in Deutschland die lang ersehnte Belebung - wieder einmal. Dafür sprechen Experten zufolge vor allem die riesigen Barmittel, auf denen Unternehmen sitzen und welche sie angesichts des anhaltenden Niedrigzinsumfelds investieren müssen. Zudem werden Banken bei der Kreditvergabe für Unternehmenskäufe wieder mutiger und erleichtern damit die Finanzierung von Übernahmen. Ob die Erholung aber tatsächlich 2011 kommt, ist keineswegs sicher: Schon zu Beginn dieses Jahres gab es ähnlich gute Vorzeichen, der große Boom blieb aber aus.

   Die vollen Kriegskassen europäischer Konzerne sprechen aber für einen Aufschwung bei der Zahl von Firmenübernahmen, sagt etwa Holger Bross, Leiter des Corporate und Investment Bankings Deutschland bei der Bank of America/Merrill Lynch. Derzeit hielten die Großkonzerne der Eurozone nach Berechnungen der Bank rund 600 Mrd EUR in Cash. Im kommenden Jahr und 2012 sollen laut Bross durch einbehaltene Gewinne 350 Mrd EUR hinzukommen. "Wegen dieser Kassenbestände und der schwachen Renditen am Geldmarkt müssen Unternehmen in Aktienrückkaufprogramme investieren beziehungsweise Sonderdividenden zahlen - oder eben Übernahmen anschieben", urteilt der Investmentbanker.

   Bank of America/Merrill Lynch könnte einer der Profiteure einer solchen Markterholung sein. Nach einer dieser Woche von vom Banken-Marktforscher Dealogic auf Grundlage vorläufiger Zahlen vorgelegten Daten ist die Bank of America mit M&A-Einnahmen in Höhe von 4,6 Mrd USD aktuell die zweitgrößte Investmentbank der Welt, dicht hinter JP Morgan Chase & Co und noch vor Goldman Sachs. Laut Thomson Reuters belegte die Bank of America bei den abgeschlossenen Deals mit deutscher Beteiligung den vierten Platz.

   Nach einer nunmehr dreijährigen Dürreperiode hoffen die Banken vor allem auf die Rückkehr großer Deals. Aus einer Umfrage unter 179 europäischen Managern zieht die schweizerische Großbank UBS den Schluss, dass im kommenden Jahr in Europa 70 bis 80 Transaktionen im Volumen von mehr als 1 Mrd EUR zu erwarten sind. In den vergangenen zwei Jahren lag die Zahl solcher Deals bei 56 beziehungsweise 54, nach dem bisherigen Rekordjahr 2007 mit 163 Transaktionen. Zur Begründung geben die Manager an, dass viele Unternehmen wieder in den "Wachstums-Modus" wechselten. Und da die Märkte hierzulande oftmals gesättigt seien, ginge dies oftmals nur über einen Zukauf in den Wachstumsländern.

   Doch nicht nur die hohen Barmittel und der sie begleitende Renditedruck begünstigen das Geschäft mit Firmenübernahmen. Eine weitere Antriebsfeder für einen Aufschwung am deutschen M&A-Markt seien die sich weiter lockernden Finanzierungsbedingungen, sagt David Cayet, Managing Partner des auf M&A-Transaktionen spezialisierten Beratungsunternehmens Accuracy. Davon profitierten besonders Finanzinvestoren, die Firmenübernahmen gerne mit Krediten hebeln und dadurch ihre Eigenkapitalrendite steigern. "Banken dürften nunmehr wieder das 4- bis 5-fache des EBITDA als Fremdkapital hinzugeben, in der Krise war es lediglich das rund 3-fache, wenn nicht weniger", stellt Cayet fest.

   Zudem gebe es Anzeichen dafür, dass der Markt für syndizierte Kredite, bei denen mehrere Kapitalgeber gemeinsam auftreten, langsam auftaue. Insgesamt sollte sich das bereitgestellte Finanzierungsvolumen somit erhöhen. In der Finanzkrise, und vor dem Hintergrund der anstehenden Einführung schärferer Eigenkapitalunterlegungsvorschriften (Basel III), hielten sich Banken bei der Kreditvergabe stark zurück, was Firmenjägern die Einkaufstour erschwerte.

   Allerdings lehrt die Vergangenheit, dass Wunschdenken nicht immer in einer entsprechenden Entwicklung münden muss. So war etwa auch zu Beginn des laufenden Jahres von hohen Cashbeständen und einer damit auch in Deutschland ansteigenden M&A-Aktivität zu hören - bis dato sank das M&A-Volumen mit deutscher Beteiligung nach den Daten von Thomson Reuters aber um mehr als 37% gegenüber dem Vorjahr, während der Markt weltweit um rund 19% anzog. Experten begründen dies unter anderem damit, dass sich deutsche Unternehmen 2010 merklich auf ihre interne Restrukturierung konzentriert haben.

   Gerade diese Restrukturierungsbemühungen könnten jedoch 2011 auch zu weiteren M&A-Aktivitäten führen. Dies dürfte im kommenden Jahr vor allem bei den Versorgern ein Thema bleiben. BofA/Merrill-Investmentbanker Bross sieht hier vor allem aufgrund von Portfolioumschichtungen Bewegung. Zu beobachten war dies zuletzt unter anderem bei der RWE AG, die ihr Gasnetz Thyssengas für einen rund mittleren dreistelligen Millionenbetrag an Infrastrukturfonds der australische Macquarie Group verkauft. Zudem leitete E.ON den mehrheitlichen Verkauf seines Höchstspannungsnetzes an verschiedene Finanzinvestoren ein und verkaufte Anfang der Woche sein italienisches Gasnetz an eine Gruppe von Finanzinvestoren.

   Auch in der Industrie, vor allem bei Investitionsgüterherstellern und in der Chemiebranche werden 2011 weitere M&A-Aktivitäten erwartet. Die Züricher UBS sieht laut einer im November veröffentlichten Studie vor allem den Spezialmaschinenbauer GEA Group im Übernahmefokus. Der Konzern aus Bochum dürfte vor allem bei Finanzinvestoren auf der Einkaufsliste stehen, für die eine Aufspaltung der GEA attraktiv sein könnte, so das Argument der UBS. Daneben stehen die offensichtlichen Übernahmekandidaten MAN, die in einem Dreierbündnis mit Volkswagen und Scania aufgehen könnten, und Demag Cranes, bei denen immer wieder Spekulationen über eine Übernahme durch Konecranes und Terex aufkommen, im Mittelpunkt der Überlegungen. Auch Symrise und Beiersdorf werden von der Bank als potenzielle Übernahmeziele genannt.

   Weitaus weniger attraktiv ist in diesen Tagen offenbar der Verkauf einer Bank. Die derzeitigen prominenten Beispiele sind die WestLB, BHF Bank oder die IKB, bei denen sich das Verkaufsverfahren offensichtlich mühsam gestaltet. Besonders schwierig ist das Thema vor allem bei den Landesbanken. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sagte zuletzt, sie fürchte, "dass das Zeitfenster für eine Konsolidierung zu ist".

   Abgesehen davon werden die M&A-Aktivitäten im Finanzsektor auch von Unsicherheiten infolge der Einführung verschärfter Eigenkapitalvorschriften erschwert. Zwar werden im kommenden Jahr zunehmend Verkäufe und Akquisitionen im hiesigen Finanzsektor auf den Plan kommen, schreiben die Branchenexperten von mergermarket. Allerdings werden sich wenige Kandidaten bewegen, "bevor (...) sich das regulatorische Umfeld klarer gestaltet", urteilt mergermarket-Analyst Thomas Williams.

- Von Eyk Henning, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 29725 108; eyk.henning@dowjones.com

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   December 23, 2010 07:00 ET (12:00 GMT)

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