25.02.2015 16:42:38
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E.ON berät im Stillen den saudischen Staat
Ein "Servicegeschäft für die Energiebranche" nennt ein zuständiger E.ON-Manager die Aufbauhilfe des größten deutschen Energiekonzerns in Saudi-Arabien. E.ON habe das Land als besonders attraktiv eingestuft, sagte der hochrangige Unternehmensvertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. Vier Mitarbeiter hätten inzwischen ihre Büros in dem islamischen Land.
In der Düsseldorfer Zentrale des Konzerns allerdings sind die Geschäfte in Saudi-Arabien ein Reizthema. Ein E.ON-Sprecher sagt auf Anfrage nur, das Unternehmen unterhalte ein Büro in Saudi-Arabien. "Mehr gibt es dazu nicht zu sagen." Auch die saudi-arabischen Kunden des Konzerns wollen über die deutsch-saudischen Geschäfte nicht sprechen: Sie lassen mehrere E-Mails unbeantwortet und sind telefonisch nicht zu erreichen.
Dass manch deutsches Unternehmen nicht offen über seine Tätigkeiten in Saudi-Arabien spricht, mag einen Grund haben: Das Land steht bei Menschenrechtsorganisationen in der Kritik. Die Machthaber gingen gewaltsam gegen friedliche Demonstranten vor, kritisiert etwa Human Rights Watch. Behörden des Landes verletzten zudem die Rechte von Frauen.
Zu E.ONs Kunden in Saudi-Arabien gehören Staatskonzerne wie Saudi Aramco und die Saudi Electricity Company sowie die Forschungseinrichtung King Abdullah City for Atomic and Renewable Energy (KA Care), wie der E.ON-Manager sagt. Das staatliche Institut, das seit dem Jahr 2010 existiert, soll nach eigenen Angaben eine neue Energiestrategie für Saudi-Arabien entwickeln.
Das Land nämlich rechnet mit einer stark steigenden Energienachfrage und will künftig so viel Öl aus den eigenen Quellen wie möglich verkaufen, statt es zum großen Teil in der Heimat zu verbrennen: Die Saudis haben große Pläne zum Ausbau der Erneuerbaren und zum Einstieg in die Atomenergie. E.ON sei "aktiv an diesem Prozess beteiligt", sagt der E.ON-Mann, der mit dem Thema befasst ist.
E.ONs Zusammenarbeit mit den saudi-arabischen Partnern ist offenbar vielfältig. Es gehe dabei nicht nur um Solar- und Windkraftanlagen, sagt der Manager: Der Konzern berate die Saudis auch in Atomfragen. E.ON könnte demnach zum saudi-arabischen Atomeinstieg beitragen. In Deutschland dagegen ist der Konzern zum Ausstieg aus der Atomkraft gezwungen. Dort geht Ende des Jahres 2022 mit Isar 2 das letzte E.ON-Kernkraftwerk vom Netz. Auch anderswo hat der Versorger in den vergangenen Jahren den Rückzug aus der Atomkraft angetreten. In Finnland und Großbritannien verkaufte E.ON Anteile an Atomprojekten.
Die Machthaber in Saudi-Arabien aber wollen in den kommenden Jahren nach Angaben des Atomindustrieverbands World Nuclear Association 16 Atomkraftwerke mit einer Kapazität von zusammen rund 17 Gigawatt errichten. Dafür sind dem Verband zufolge Investitionen in Höhe von rund 80 Milliarden US-Dollar vorgesehen. In Saudi-Arabien sollen laut KA Care zudem Erneuerbare-Energien-Anlagen mit einer Kapazität von 54 Gigawatt entstehen. Allein in den Ausbau der Solarstromerzeugung will der Staat nach früheren Angaben 109 Milliarden Dollar investieren.
Ursprünglich wollte Saudi-Arabien das Ausbauziel im Jahr 2032 erreichen. Die Planer verschoben das Ziel laut World Nuclear Association jüngst zwar auf das Jahr 2040. Experten sehen angesichts des Vorhabens dennoch großes Potenzial für internationale Unternehmen in Saudi-Arabien. Das Land sei "einer der attraktivsten Märkte für Energieunternehmen im Nahen Osten", sagt Silvia Macri, Analystin beim Beratungsunternehmen IHS, mit Blick auf erneuerbare Energien.
Auch RWE will deshalb nach Saudi-Arabien. Der zweitgrößte deutsche Energiekonzern habe bislang kein Büro in dem Land, sagt eine Sprecherin des Unternehmens. RWE führe in Saudi-Arabien aber Gespräche über mögliche künftige Beratungsprojekte. Der Konzern hat erst Anfang dieses Jahres den Chef des Wüstenstrom-Projekts Desertec, Paul van Son, zum "Country Chair" in Dubai berufen. Van Son soll nach RWE-Angaben von dort aus Kontakte in den ganzen Nahen Osten und in Nord-Afrika knüpfen.
Konkurrent E.ON ist wesentlich weiter. Bislang biete der Konzern in Saudi-Arabien zwar nur Beratungsleistungen an, sagt der E.ON-Manager. Es sei aber nicht auszuschließen, dass der Konzern in Zukunft in dem Land auch selbst investiere.
Mit Auslandsinvestitionen hat E.ON Erfahrung. Diese ist allerdings nicht nur gut: Der Konzern erlitt einen erheblichen Rückschlag in Brasilien. Dort schlug die Kooperation mit dem Partner Eike Batista fehl, weil diesem das Geld ausging. Jüngst beschloss der Konzern zudem den Verkauf seiner konventionellen Kraftwerke in Italien und der Aktivitäten in Spanien und Portugal. Zuvor hatte E.ON mehrere Milliarden Euro auf sein Südeuropa-Geschäft abgeschrieben.
In der Heimat setzen E.ON wie andere Energieversorger der Atomausstieg und der durch Solar- und Windstrom ausgelöste Preisverfall auf dem Großhandelsstrommarkt unter Druck. Der Konzernvorstand hat deshalb beschlossen, das Geschäft mit der konventionellen Stromerzeugung in ein neues Unternehmen auszugliedern.
Kontakt zu den Autoren: jenny.busche@wsj.com und hendrik.varnholt@wsj.com
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