20.08.2023 14:25:38

Buschmanns Vorstoß zu Reform des Unterhaltsrechts stößt auf Bedenken

BERLIN (dpa-AFX) - Die von Justizminister Marco Buschmann (FDP) vorgeschlagene Reform des Unterhaltsrechts stößt bei Verbänden und in der SPD auf Vorbehalte. Der Vorstoß zielt Buschmann zufolge insbesondere auf Trennungsfamilien, in denen ein Elternteil die Hauptbetreuung leistet, der andere Elternteil sich aber auch zu 30 oder 40 Prozent einbringt. Der FDP-Politiker strebt "klare und faire Regeln" an, wie dies bei der Bemessung des Kindesunterhalts zu berücksichtigen ist. In solchen Fällen könnte der vom mitbetreuenden Elternteil zu zahlende Unterhalt künftig etwas niedriger sein, wie Buschmann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag) sagte.

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) sieht darin zwar generell eine gute Idee, will aber Details abwarten. Die Feinheiten seien schließlich noch gar nicht bekannt, sagte Sprecher Peter-Michael Zernechel der ARD. Der Justizminister hatte am Samstag angekündigt, "in den nächsten Tagen" Eckpunkte für eine Reform vorzulegen, ein Gesetzentwurf soll "nach Möglichkeit zügig folgen".

SoVD-Sprecher Zernechel warnte vor möglichen negativen Auswirkungen: Die Reform dürfe auf keinen Fall zum Nachteil der Mütter, die sich hauptsächlich um die Kinder kümmern, ausgestaltet werden und vor allem nicht am Existenzminimum der Kinder kratzen. "Denn die Armutsfalle lauert überall", sagte er.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken äußerte ähnliche Bedenken. Das Existenzminimum des Kindes müsse klar geschützt werden, "und die Reform darf auch nicht zulasten der zumeist in der Hauptsache erziehenden Mütter gehen", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). "Es ist völlig klar, dass ihre finanziellen Aufwände für das Kind durch die geteilte Sorge nur geringfügig sinken."

Die Stiftung Alltagsheld:innen, die für die Rechte von Alleinerziehenden eintritt, fürchtet ebenfalls Nachteile für alleinerziehende Mütter und deren Kinder. "Wir finden das überhaupt nicht fair, schon jetzt ist jedes zweite Kind in einer Ein-Eltern-Familie von Armut betroffen, wenn jetzt noch weniger Unterhalt reinkommt, ist das wirklich sehr unfair für die Kinder", sagte Vorständin Heidi Thiemann der ARD.

Esken sieht die Reformpläne aber grundsätzlich im Einklang mit den familienpolitischen Zielen der Ampel. Dazu gehöre, dass Männer und Frauen in der Familienarbeit gleichermaßen Verantwortung übernehmen. Das gelte auch für getrenntlebende Eltern. Die partnerschaftliche Sorge diene den Kindern. "Wo sie gelingt, wollen wir dies deshalb im Unterhaltsrecht besser berücksichtigen", sagte die SPD-Chefin.

Die Grünen begrüßten die "Anpassung des Unterhaltsrechts an moderne Lebensmodelle" grundsätzlich, sagte der rechtspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Helge Limburg, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). Gleichzeitig mahnte er: "Die Reform muss verschiedene Lebensweisen berücksichtigen, darf aber nicht zum Armutsrisiko werden. Darauf werden wir im parlamentarischen Verfahren achten."

Auf Änderungen im Unterhaltsrecht hatten sich SPD, Grüne und FDP schon in ihrem Koalitionsvertrag verständigt. "Wir wollen im Unterhaltsrecht die Betreuungsanteile vor und nach der Scheidung besser berücksichtigen, ohne das Existenzminimum des Kindes zu gefährden", heißt es im Abschnitt zum Familienrecht.

Der Sozialverband Deutschland sieht mit Blick auf die Regelung von Unterhaltszahlungen ein weiteres Problem: "47 Prozent aller Trennungskinder bekommen keinen Unterhalt", sagte Sprecher Zernechel der ARD. Den betroffenen Kindern steht Unterhalt zu, der zur Zahlung verpflichtete Elternteil zahlt aber nicht. Der Staat hilft in diesen Fällen mit einem Unterhaltsvorschuss aus. "Da muss der Staat dafür sorgen, dass das eingetrieben wird", forderte Zernechel./kli/DP/nas

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