17.03.2014 22:59:02

Badische Neueste Nachrichten: Putins Politik - Kommentar DORIS HEIMANN

Karlsruhe (ots) - Riesige Flugzeuge setzt die russische Fluggesellschaft Aeroflot dieser Tage auf der Strecke zwischen Simferopol und Moskau ein. Putins Freunde und Wahlhelfer - Rocker, Dumaabgeordnete, systemtreue Sportler und Musiker - die in den Tagen vor dem Referendum massenweise auf die Krim geflogen wurden, verlassen die Halbinsel. Ihre Mission ist erfüllt: Die Krim hat sich mit einem sowjetisch anmutendem Votum von 96,7 Prozent für den Anschluss an Russland entschieden. Während manche auf der Krim noch ihren Rausch ausschlafen, rätselt der Rest der Welt: Was will Wladimir Putin wirklich? Was steckt hinter dieser Annexion der Krim? Wird Putin nun die Grenzen Russlands systematisch nach Westen erweitern? Will er die von ihm betrauerte Sowjetunion wieder herstellen oder gar den Warschauer Pakt? Heute wird der Kremlherr eine mit Spannung erwartete Erklärung vor dem Nationalen Sicherheitsrat abgeben. Zumindest wird daraus ersichtlich werden, wie schnell der Anschluss der Krim nach dem Willen Moskaus vor sich gehen soll. Denkbar sind zwei Szenarien: Russland könnte die Halbinsel so schnell wie möglich in sein Territorium einschließen, um Fakten zu schaffen, während die westliche Welt noch in Schreckstarre verharrt. Oder Putin könnte den jetzigen Zwischenstatus eine Weile erhalten, um dem Westen einen Deal abzuhandeln. Betrachtet man das entschiedene Vorgehen des Kremls in den vergangenen Wochen, dann scheint die erste Variante wahrscheinlicher. Putin will die Konfrontation. Er glaubt, dass er sie braucht, um zu überleben. Das macht ihn gefährlich. Im Westen wird oft vermutet, hinter der Annexion der Krim ständen vor allem außenpolitischer Geltungsdrang und der Wunsch nach Expansion. Doch liegen die Hauptmotive für Putins Handeln in der Innenpolitik. Die russische Machtelite begreift die jüngsten Ereignisse in Kiew als Menetekel. Der Maidan diene Putin gleichzeitig als Warnung, wohin das alles führen könne, und als Vorwand für den Versuch, das Unabwendbare aufzuhalten. In der Ukraine rebellierten eine halbe Million Bürger gegen eine autoritäre, dekadente und korrupte Elite. In Russland waren es hunderttausend Menschen, die im Winter 2011/2012 aus ähnlichen Gründen auf die Straße gingen. Der entscheidende Unterschied lag bisher darin, dass die russische Führung das Gros ihrer Untertanen mit einem bescheidenen Wohlstand zufriedenstellen konnte - die ukrainische nicht. Doch Russlands Wirtschaft steht vor einer gewaltigen Talfahrt. Und Ex-Agent Putin kennt den Spruch von Wladimir Iljitsch Lenin: "Revolutionen finden statt, wenn die unten nicht mehr wollen und die oben nicht mehr können." Also muss Putin jetzt zeigen, dass er noch kann. Die Militärinvasion auf der Krim dient zur Erreichung eines Burgfriedens. Vielen Russen gefällt es, wenn man vor ihrem Land Angst hat. Putins Popularitätswert schnellte innerhalb der vergangenen zwei Monate nach oben. Um Putins System aufrecht zu erhalten, kann Russland nur noch als militaristischer Staat existieren, der Konflikte provoziert. Der Kreml fürchte sich nicht mehr vor Krieg zur Lösung seiner Probleme, klagen Experten. Insofern markiert das Krim-Referendum den Beginn einer neuen Zeitrechnung.

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Pressekontakt: Badische Neueste Nachrichten Klaus Gaßner Telefon: +49 (0721) 789-0 redaktion.leitung@bnn.de

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